Leitsatz (amtlich)
1. Das Abtretungsverbot nach § 6 Abs. 6 MB/KK gilt nicht bei Ausgabe einer "Klinik-Card".
2. Das Berufen auf das Abtretungsverbot nach § 6 Abs. 6 MB/KK ist treuwidrig, wenn der Versicherer eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben und mit der Klinik eine Direktabrechnung vorgenommen hat.
3. Zum Vorliegen einer Bruttopreisabrede bei Abschluss einer "Wahlleistungsvereinbarung" mit einer nach § 30 GewO konzessionierten, nicht nach § 108 SGB V zugelassenen Klinik.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 2 O 388/15) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem.
§ 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen
dazu Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern ebenfalls keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung.
I.
Die Klägerin betreibt die O Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in C, wobei sie nach § 30 der Gewerbeordnung konzessioniert, nicht jedoch nach § 108 SGB V zugelassen ist. Die Klägerin macht aufgrund jeweils gesondert erklärter Abtretungen von Versicherungsnehmern der Beklagten Ansprüche wegen stationärer Behandlungskosten aus dem Zeitraum von März 2015 bis September 2015 geltend. Insoweit hatte die Beklagte Kostenübernahmeerklärungen abgegeben und die Forderungen der Klägerin gekürzt um den rechnerischen Umsatzsteueranteil beglichen. Die Beklagte vertritt die Rechtsmeinung, zur Begleichung des Umsatzsteueranteils nicht verpflichtet zu sein, weil die Klägerin ihrerseits wegen Verstoßes des nationalen Rechts gegen unionsrechtliche Vorgaben nicht zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 31.757,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 13.772,95 EUR ab dem 25.08.2015 und auf weitere 17.984,71 EUR ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der vertretenen Rechtsmeinungen wird auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag fort.
Die Klägerin tritt der Berufung der Beklagten entgegen.
II.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1.
Entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten ist die Klägerin aktivlegitimiert.
a)
Zunächst hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass das Abtretungsverbot
nach § 6 Teil I Abs. 6 MB/KK 2009 nach § 6 Teil II Abs. 2 der Tarifbedingungen wegen der jeweils erfolgten Ausgabe der Klinik-Card durch die Beklagte an ihre Versicherungsnehmer nicht gilt. Diese Regelung in den Tarifbedingungen lautet:
"Ist eine SIGNAL Klinik-Card ausgegeben worden, gilt das Abtretungsverbot nach § 6 Abs. 6 Teil I insoweit nicht."
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (exemplarisch BGH, Urteil vom 14.12.2016, Az. IV ZR 527/15, BeckRS 2016, 109928, Tz. 25). Entgegen der Argumentation der Beklagten führt die Formulierung "insoweit" nicht dazu, dass der maßgebliche durchschnittliche Versicherungsnehmer die Klausel dahin verstehen wird, dass die Ausnahme vom Abtretungsverbot voraussetzt, dass der Leistungserbringer seinerseits am Klinik-Card-Verfahren teilnimmt. Denn der klare Wortlaut der Klausel stellt ausschließlich auf die Ausgabe der Klinik-Card durch die Beklagte und nicht auf deren Einsatz seitens der Versicherungsnehmer im Rahmen des sog. Klinik-Card-Verfahrens ab. Daher wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Formulierung "insoweit" auch lediglich auf das Ausgeben der Klinik-Card beziehen und die Tarifbedingungen dahin verstehen, dass jedenfalls gegenüber Kliniken das Abtretungsverbot in § 6 Teil I Abs. 6 MB/KK nicht gilt, sofern ihm - wie hier - vom Versicherer eine Klinik-Card ausgehändigt worden ist. Einzelabtretungen der Versicherungsnehmer der Beklagten an die Klägerin liegen vor.
b)
Daneben verhält sich die Beklagte treuwidrig (§ 242 BGB), indem sie sich auf das in § 6 Abs. 6 MB/KK 2009 enthaltene Abtretungsverbot beruft. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des in den zu Grunde liegenden Krankenversicherungsverträgen vereinbarten Abtretungsverbotes stellt sich ein Berufen hierauf als rechtsmissbräuchlich d...