Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 24.09.1996; Aktenzeichen 23 O 209/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. September 1996 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 57.500,00 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.
Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 57.500,00 DM an die Gesamtvollstreckungsmasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO i.V.m. § 37 KO zu.
Ebenso wie § 30 KO ist § 10 GesO ein Ausfluß des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung. Zweck des Gesetzes ist es zu verhindern, daß noch nach Offenbarwerden der Krise einzelne Gläubiger sich Deckung verschaffen (vgl. BGH NJW 72, 870); dem Prinzip der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger soll schon für einen früheren Zeitpunkt als dem der formellen Konkurseröffnung Geltung verschafft werden (vgl. BGH NJW 72, 2084).
Ebenso wie bei § 30 Konkursordnung ist bei allen Fallgruppen des § 10 GesO stillschweigendes Tatbestandsmerkmal die Gläubigerbenachteiligung (Kilger/Schmidt, § 10 GesO, Anm. 2 a; Mohrbutter/Mohrbutter, Handbuch der Insolvenzverwaltung S. 184 m.w.N.; Smid/Zeuner, Gesamtvollstreckungsordnung, 2. Auflage, § 10 Rdnr. 21, 81). Hierzu ist eine Vermögensverkürzung der Masse erforderlich, die alle, d.h. nicht nur einzelne Gläubiger benachteiligt (vgl. Smid/Zeuner, a.a.O., Rdnr. 81).
1. …
Unstreitig hatte der Beklagte als Bevollmächtigter der Gemeinschuldnerin Gespräche mit den Gläubigern geführt, um einen außergerichtlichen Vergleich zu erreichen und so die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens abzuwenden. Hierfür hat er mit der Gemeinschuldnerin am 07.11.1994 eine Honorarvereinbarung nach § 3 BRAGO getroffen, wonach – dem Wortlaut nach – zuzüglich zu den gesetzlichen Gebühren ein Honorar in Höhe von 250,00 DM pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart wurde; der damalige Liquidator der Schuldnerin hatte diese Vereinbarung unterschrieben. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, daß eine Gläubigerbenachteiligung und somit ein anfechtbarer Tatbestand im Sinne des § 10 GesO entfällt.
a) …
Die sachgemäße Vorbereitung des Versuchs, den Konkurs durch ein außergerichtliches oder gerichtliches Vergleichsverfahren abzuwenden, liegt im wohlverstandenen Interesse der späteren Gesamtvollstreckungsgläubiger, denn das gerichtliche, aber auch das außergerichtliche Vergleichsverfahren dient nicht nur dem Interesse des Schuldners oder ggf. der Allgemeinheit, den Betrieb am Leben zu erhalten, sondern vor allem auch dem Interesse der Gläubiger, die im Konkurs häufig nur im geringerem Maße befriedigt werden können (vgl. BGH NJW 59, 147). Da der Schuldner die vorbereitenden Arbeiten allein nicht sachgerecht leisten kann, kann die Hinzuziehung einer geeigneten Person, etwa eines Rechtsanwalts oder eines Wirtschaftsprüfers gegen eine angemessene, insbesondere die in Gebührenordnungen vorgesehene oder die übliche Vergütung nicht als Benachteiligung der Gläubiger angesehen werden. Der Aufwand der angemessenen Kosten stellt selbst dann keine zur Anfechtung berechtigende Benachteiligung der Gläubiger dar, wenn die Bemühungen des Rechtsanwalt letztlich erfolglos geblieben sind, also ein außergerichtlicher Vergleich nicht zustande kommt oder später das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wird (vgl. BGH ebenda).
2. …
Eine Gläubigerbenachteiligung kann nicht darin gesehen werden, daß der Beklagte mit der Schuldnerin eine Honorarvereinbarung getroffen hat und nicht lediglich die gesetzlichen Gebühren verlangt. Zwar wird in dem oben genannten BGH-Urteil NJW 1959, 147 ausgeführt, unter angemessenem Honorar sei insbesondere die durch Gebührenordnungen vorgesehene oder die übliche Vergütung zu verstehen. Dies bedeutet indessen nicht, daß bei Vorhandensein einer Gebührenordnung nur die gesetzliche Gebühr als angemessen bezeichnet werden kann und daß für eine vereinbarte Vergütung kein Raum mehr ist (BGH NJW 80, 1962, 1963). Im Falle der Rechtsanwaltsgebühr steht diesem Schluß schon entgegen, daß § 3 BRAGO Honorarvereinbarungen gestattet. Die Begrenzung des Honorars auf die gesetzliche Gebühr hätte unter Umständen zur Folge, daß von der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Schuldnerin verlangt würde, einen Rechtsanwalt zu suchen, der zur Übernahme des Mandats nur gegen die gesetzliche Gebühr bereit ist, obwohl auch sie Anspruch darauf hat, einen Anwalt ihres Vertrauens hinzuziehen zu dürfen. Bei größerem Umfang der Arbeiten und entsprechender Schwierigkeit der Materie könnte dies dazu führen, daß sich ein geeigneter Rechtsanwalt nicht finden läßt. Somit ist eine von der Schuldnerin getroffene Honorarvereinbarung jedenfalls nicht von vornherein anfechtbar (BGH ebenda).
3. …
Gleic...