Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 31.08.2007; Aktenzeichen 10 O 74/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 31.08.2007 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.282,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.06.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A.

Gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs.1 S.1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

I.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß §§ 611, 612, 675 BGB iVm. §§ 31 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 Abs. 1 S. 1, 26 BRAGO und §§ 2, 13 VV Nr. 3200, 7 VV Nr. 1008; VV Nr. 7008 RVG für deren Vertretung in dem Rechtsstreit 10 O 397/04 Landgericht Münster = 34 U 13/06 Oberlandesgericht Hamm die Zahlung eines Anwaltshonorars in Höhe von 2.282,61 EUR fordern. Die Gebühren sind angefallen (1.). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann die Beklagte diesem Anspruch keinen ihr durch eine pflichtwidrige Prozessführung der Klägerin erwachsenen Schadensersatzanspruch im Wege der Aufrechnung entgegensetzen (2.).

1.

Die in der Kostennote der Klägerin vom 08. Mai 2006 angesetzten Gebührentatbestände sind unstreitig angefallen. Soweit die Klägerin die Gebühren nicht nur nach dem Streitwert der Klage von 6.347,49 EUR, sondern aus dem zusammengerechneten Wert der Klage und der Widerklage von insgesamt 9.261,68 EUR berechnet hat, ist der Beklagten dadurch kein Nachteil erwachsen. Die Klägerin hat von den Gesamtkosten den auf die Widerklage entfallenden Anteil entsprechend dem Verhältnis der Werte abgezogen. Mit Rücksicht auf die Gebührendegression hat die Beklagte dadurch letztlich sogar einen Vorteil erlangt, wie die genaue Abrechnung zeigt:

I. Instanz

1.)

10/10 Prozessgebühr (Wert 6.347,49 EUR)

375,00 EUR

2.)

6/10 Erhöhungsgebühr (2*101,40 EUR =)

202,80 EUR

3.)

10/10 Verhandlungsgebühr

375,00 EUR

4.)

10/10 Beweisgebühr

375,00 EUR

5.)

Auslagenpauschale

20,00EUR

6.)

Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld (37,80 EUR + 15,00 EUR +37,80 EUR + 15,00 EUR + 37,80 EUR + 15,00 EUR)

158,40 EUR

1.506,20 EUR

7.)

MwSt. (1.506,20 EUR *16%)

240,99 EUR

Gesamt:

1.747,19 EUR

II. Instanz

1.)

1,6 Verfahrensgebühr

600,00 EUR

2.)

0,3 Erhöhungsgebühr

112,50 EUR

3.)

Auslagenpauschale

20,00 EUR

4.)

732,50 EUR

MwSt. (732,50 EUR * 16%)

117,20 EUR

Gesamt:

849,70 EUR

Kosten 1. und 2. Instanz

2.596,89 EUR

Statt der bei streitwertgerechter Abrechnung entstandenen 2.596,89 EUR macht die Klägerin nur den geringeren Betrag von 2.282,61 EUR geltend.

2.

Dieser Honoraranspruch ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem ihr aus § 280 Abs. 1 BGB erwachsenen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen. Zwar hat die Klägerin ihr gegenüber der Beklagten aufgrund des Prozessmandates obliegende Pflichten verletzt (a.). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann jedoch nicht festgestellt werden, dass diese Pflichtverletzung den geltend gemachten Kostenschaden der Beklagten verursacht hat (b.).

a.

Die Klägerin durfte sich nicht darauf beschränken, aufgrund der ihr obliegenden Informationsbeschaffungspflicht (vgl. insoweit Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, "Die Haftung des Rechtsanwalts", 7. Aufl. 2005, Rdn. 431) zu Beginn des Mandates die zur Rechtsverteidigung der durch den Unfallgegner gemäß § 3 Nr. 1 PflVG mitverklagten Beklagten erforderlichen Informationen zu beschaffen. Sie hatte vielmehr im Rahmen der dynamischen Entwicklung des Mandates die Beklagte gemäß § 666 BGB sogar unaufgefordert (vgl. insoweit Palandt-Sprau, 67. Aufl., BGB § 666 Rdn. 2) über die während des Prozesses durch den Vortrag der Gegenpartei und/oder eine vom Gericht angeordnete Beweisaufnahme eingetretene Veränderung des Sachstandes zu unterrichten, damit diese darauf mit weiteren Informationen und/oder Beweisantritten reagieren konnte. Dies galt insbesondere hinsichtlich der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.Ing. I, denen die Beklagte mit der Fachkunde ihrer eigenen Unfallanalytiker ersichtlich fundierter entgegentreten konnte, als der das Mandat ausführende Sozius Dr. S der Klägerin. Warum dieser als Jurist, mag er auch noch so erfahren in Verkehrsunfallprozessen sein, das Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. I mit einer solchen fachlichen Kompetenz würdigen konnte, dass er sich die Einholung einer Stellungnahme der Beklagten ersparen konnte und das weitere Vorgehen allein mit dem Fahrer des Unfallfahrzeuges besprechen durfte, vermag der Senat entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung nicht zu erkennen. Es lag vielmehr auf der Hand, sich der fachkundigen Mitarbeiter der Beklagten zu bedienen, um dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. I besser entgegentreten zu können. Die unterlassene Information der Beklagten, die diese zudem in ihrem Auftragsschreibe...

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