Entscheidungsstichwort (Thema)
Bakterielle Infektion nach einer Injektion zur Schmerzlinderung
Normenkette
BGB §§ 823, 847
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 4 O 98/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.11.1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 12.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand
Die 1936 geborene Klägerin, die seit vielen Jahren bei dem Beklagten, einem Orthopäden, in Behandlung war, erhielt am 7.3.1995 eine cortisonhaltige Injektion zur Schmerzlinderung in die rechte Hand. Nach dieser Injektion traten bei der Klägerin weitere Beschwerden auf. Die Klägerin erschien deshalb am 9.3.1995 in der Praxis des Beklagten. Dieser zog verschiedene Möglichkeiten der Erkrankung in Betracht und überwies die Beklagte zum Ausschluss eines sog. Carpaltunnelsyndroms an den Neurologen Dr. P., der am Nachmittag desselben Tages die Untersuchung durchführte. Am Freitag, den 10.3.1995 erschien die Klägerin erneut bei dem Beklagten, nachdem sie die Nacht wegen starker Schmerzen nicht habe schlafen können. Der Beklagte bat sie, sich am darauffolgenden Montag noch einmal bei ihm vorzustellen. Am Samstag, den 11.3.1995 begab sich die Klägerin in das Evangelische Krankenhaus in H., von wo sie am 13.3.1995 zu den Kliniken B. in B. verlegt wurde. Dort erfolgte am 14.3.1995 eine Operation ihrer rechten Hand.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 50.000 DM, Ersatz materieller Schäden und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, der Beklagte hätte spätestens am 10.3.1995 die Hohlhandphlegmone erkennen können und daraufhin eine sofortige Einweisung in ein Krankenhaus veranlassen müssen. Ihre rechte Hand könne sie praktisch nicht mehr bewegen und funktionsgerecht einsetzen. Der Beklagte hat eine sach- und fachgerechte Behandlung der Klägerin behauptet. Vor der Injektion sei die Klägerin über die Infektionsgefahr aufgeklärt worden.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat nach Einholung eines chirurgischen Gutachtens der Klage insgesamt stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass es grob behandlungsfehlerhaft gewesen sei, die Klägerin nicht am Freitag, den 10.3.1995 in ein Krankenhaus einzuweisen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. hilfsweise Vollstreckungsnachlass.
Die Parteien wiederholen, vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat gemäß Beschluss vom 20.3.2000 (Bl. 236 d.A.) ein weiteres – fachorthopädisches – Gutachten eingeholt, die Parteien angehört, die Arzthelferinnen des Beklagten T., M., B. und die Tochter der Klägerin uneidlich als Zeugin vernommen sowie den Sachverständigen Privatdozent Dr. S. sein schriftliches Gutachten vom 26.6.2000 (Bl. 287–299 d.A) erläutern lassen. Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 13.12.2000 (Bl. 360–367 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hatte Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keine Schadensersatzansprüche aus den §§ 847, 823 BGB oder aus einer schuldhaften Verletzung von Sorgfaltspflichten des Behandlungsvertrages. Ein Fehler bei der Behandlung der Klägerin ist nur darin zu sehen, dass der Beklagte die Klägerin am Freitag, den 10.3.1995 nicht darauf hingewiesen hat, sich am Samstag in einem Krankenhaus vorzustellen. Dieser Fehler ist aber nicht relevant geworden. Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Aufklärungsverschuldens.
In der Beurteilung des Behandlungsgeschehens macht sich der Senat die Feststellungen des Sachverständigen Privatdozent Dr. S., der sein Gutachten überzeugend erläutert hat und dem Senat als erfahren und fachkundig bekannt ist, zu Eigen. Danach hat es der Beklagte insbesondere am 10.3.1995 nicht behandlungsfehlerhaft unterlassen, die Klägerin stationär einzuweisen. Dabei hat sich der Senat vergegenwärtigt, dass die beiden ärztlichen Mitglieder der Gutachterkommis...