Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbot einer Überlassung von Mieträumen aufgrund der Corona-SchutzVO
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Mieter von Hochzeitsräumlichkeiten für den 22.5.2020 steht ein Anspruch auf Rückzahlung der an den Vermieter überwiesenen Miete aus §§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB in Verb. mit § 14 Abs. 3 und 4 CoronaSchVO NW (i.d.F. vom 19.5.2020) zu, weil im Hinblick auf das Verbot der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten ein Fall rechtlicher Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) vorlag.
2. An der Rückzahlungsverpflichtung des Vermieters ändert es nichts, wenn die Hochzeit abgesagt worden ist, weil das Fortbestehen der Mietzahlungspflicht gem. § 537 Abs. 1 S. 1 BGB ebenfalls voraussetzt, dass der Vermieter seinerseits zur Erfüllung seiner Verpflichtungen am 22.5.2020 in der Lage war.
Normenkette
BGB §§ 326, 346, 537; CoronaSchVO NRW § 14
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 85/20) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 1.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund im Kostenpunkt wie folgt abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 70 % und der Beklagte zu 2) zu 30 %; bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bleibt es bei der Kostenentscheidung im Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Dortmund vom 6.8.2020.
Die weitergehende Berufung des Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für die Berufung: 2.200,00 EUR
Gründe
A. Der Kläger beabsichtigte, am 22.5.2020 seine Hochzeit mit Frau A in der sog. B in C zu feiern. Er schloss daher am 23.6.2019 bezüglich des 22.5.2020 einen "Dienstleistungsvertrag" zum "Komplettpreis" von 7.400,00 EUR für näher bezeichnete (Service-)Leistungen mit dem seinerzeitigen "Pächter", D, ferner einen "Mietvertrag" mit dem Beklagten zu 2) als dem Eigentümer der Räumlichkeiten. Beide Formularverträge befinden sich auf identisch gestalteten Bögen im selben Layout; die einzelnen Bögen weisen oben die Skizze eines Hauses und den Schriftzug "B", in den Fußzeilen die Angaben "B|D ..." auf. Auf der ersten Seite des "Dienstleistungsvertrags" findet sich der handschriftliche Vermerk des Herrn D "kann ohne Angaben bis 26.6.19 storniert werden"; "Allgemeine Geschäftsbedingungen" betreffend den "Dienstleistungsvertrag" und den "Mietvertrag" finden sich auf "Seite 5 von 10" und "Seite 6 von 10"; der "Mietvertrag" ist auf "Seite 9 von 10" und "Seite 10 von 10" niedergelegt und sieht einen Mietpreis von 2.200,00 EUR vor.
Der Kläger zahlte an den Beklagten 2.200,00 EUR. Mit E-Mail vom 25.9.2019 sprach Frau A gegenüber einer Mitarbeiterin des D eine Kündigung aus und erbat die Rückzahlung der 2.200,00 EUR. Am 1.10.2019 wies D die Kündigung zurück, stellte in Abrede, dass eine Verpflichtung bezüglich der Wahl eines bestimmten Caterers geäußert worden sei, und bot seine persönlichen Dienste an. Am 14.10.2019 ließ der Kläger durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten Kündigungen auch gegenüber dem Beklagten zu 2) erklären. Nach der Absage eines für den 16.10.2019 vorgesehenen Gesprächstermins durch den Kläger bzw. Frau A teilte D am 15.10.2019 mit, sich "nun" auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen "zu beziehen", wonach u.a. die "Gesamtmiete" zu zahlen sei.
Die Heirat fand nicht statt.
Die CoronaSchVO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.5.2020 lautete in der für den 20.5.2020 maßgeblichen Fassung in § 14 wie folgt:
...
(3) Gastronomische Betriebe nach Absatz 1 und 2 dürfen Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Versammlungen nach § 13 Absatz 3 unter den dort genannten Voraussetzungen zur Verfügung stellen. Andere Veranstaltungen, Versammlungen und Zusammenkünfte sind in gastronomischen Betrieben nach Absatz 1 und 2 bis auf Weiteres nicht zulässig.
(4) Die vorstehenden Regelungen gelten entsprechend für die Vermietung von Räumlichkeiten ohne gastronomischen Service, wenn dieser durch Dritte ("Catering") oder den Mieter selbst erfolgt.
Der Kläger hat behauptet, am 19.9.2019 telefonisch die Mitteilung erhalten zu haben, dass D nicht mehr Pächter sei, sondern nunmehr die Beklagte zu 1); ferner sei zur Bedingung gemacht worden, dass "der Vertrag" anstelle von D durch die Fa. E durchgeführt werde und dass diese auch das Catering erbringe.
Mit seiner am 3.3.2020 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
festzustellen, dass den Beklagten Rechte aus dem Mietvertrag und Dienstleistungsvertrag jeweils vom 23.06.2019 mit dem früheren Inhaber der B, Fstraße 00, C, Herrn D, sowie dem Eigentümer der Immobilie, Herrn G, B, Fstraße 00, C nicht zustehen.
Die Beklagte zu 1) hat nach Zustellung der Klage am 17.4.2020 mit Schriftsatz vom 22.4.2020 den gegen sie gerichteten Anspruch anerkannt und in Abrede gestellt, sich jemals irgendwelcher Ansprüche gegenüber dem Kläger berühmt zu haben. Ein Schreiben vom 14.10.2019 habe sie nicht erhalten.
Der Beklagte zu 2) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er...