Leitsatz (amtlich)

Die Restwertermittlung im Schadensgutachten ist anhand der Einholung dreier Restwertangebote auf dem regionalen Markt am Wohnsitz des Klägers vorzunehmen.

 

Normenkette

StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 19 O 232/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.08.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.

Die Beklagten bleiben als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 95 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger und die Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger bzw. die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. 1. Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 271 ff. = 280 ff. GA) Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass der Kläger sein Zahlungsbegehren hilfsweise auch auf einen Anspruch auf Ersatz von Benzinkosten i.H. von 103,34 EUR wegen des im Unfallfahrzeug verbliebenen Benzins gestützt hat (vgl. Schriftsatz vom 04.04.2016, dort S. 11, Bl. 177 GA, und Schriftsatz vom 20.06.2016, dort S. 6, Bl. 239 GA).

Das Landgericht hat - nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteivertretern - Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen E (vgl. Bl. 261 ff. GA). Es hat sodann mit dem angefochtenen Urteil dem Kläger - unter Abweisung der Klage bzgl. der weitergehenden Zinsforderung - 21.180,- EUR sowie außergerichtliche Anwaltskosten i.H. von 464,10 EUR, jeweils nebst Zinsen i. H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.11.2015, zugesprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei ganz überwiegend begründet.

Der Kläger habe das Unfallfahrzeug zu dem im Schadensgutachten (Bl. 7 ff., 23 GA) ausgewiesenen höchsten Restwert von 9.000,- EUR - entsprechend dem höchsten Restwertangebot aus der Region des Fahrzeugstandortes - veräußern dürfen und insoweit nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Er habe auf die Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen im Schadensgutachten vertrauen dürfen und keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des vom Schadensgutachter festgestellten Restwertes gehabt. Solche Anhaltspunkte hätten sich insbesondere nicht daraus ergeben, dass von den seitens des Schadensgutachters zugrunde gelegten Restwertangeboten nur eines aus der Nähe des Wohnsitzes des Klägers gestammt habe und zwei weitere aus dem Bereich des Standortes des verunfallten Fahrzeuges gekommen seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei einem unfallbedingt nicht mehr fahrfähigen Fahrzeug durchaus - neben der Wohnsitzregion - auch die Region des Fahrzeugstandortes maßgebend sein könne (was bislang allerdings, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden worden sei) und hier der Vergleich der vom Schadensgutachter herangezogenen Angebote dem Kläger zudem Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass in der Region des Fahrzeugstandortes ein höherer Restwert als an seinem Wohnort erzielbar gewesen sei. Auf die von Beklagtenseite angeführten deutlich höheren Internetangebote müsse der Kläger sich von vornherein nicht verweisen lassen, da es ihm nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme darauf angekommen sei, sein verunfalltes Fahrzeug im Zusammenhang mit der Anschaffung des neuen Fahrzeugs an einen ihm vertrauten B-Vertragspartner zu veräußern. Zudem sei nach dem Beweisergebnis auch davon auszugehen, dass der Verkauf des Unfallfahrzeugs bereits am 04.06.2015 erfolgt sei, mithin vor Zugang der von der Beklagten zu 2) ermittelten - vom Kläger auch nicht etwa abzuwarten gewesenen - höheren Restwertangebote. Anhaltspunkte für eine etwaige Absprache der Beteiligten hinsichtlich der im Schadensgutachten angegebenen Restwerthöhe seien nicht ersichtlich. Die Behauptung der Beklagten, für den Schadensgutachter sei erkennbar gewesen, dass die von ihm eingeholten Restwertangebote offensichtlich zu niedrig gewesen seien, sei gem. § 296 Abs. 2 ZPO verspätet und habe deshalb keiner weiteren Sachaufklärung bedurft.

Die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung i.H. von 1.580,- EUR könne der Kläger ebenfalls beanspruchen. Schon die erheblichen Bemühungen des Klägers, die Mietwagenkosten gering zu halten, belegten nachdrücklich, dass der Kläger auf die Nutzung eines Ersatzfahrzeugs angewiesen gewesen sei. Bei der Höhe folge das Gericht der nicht zu beanstandenden klägerischen Berechnung. Auch in Fällen eines konkreten Schadens sei es dem Geschädigten nicht verwehrt, ...

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