Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenkapital ersetzender Charakter eines Darlehens bei Rückzahlung

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 05.03.2003; Aktenzeichen 8 O 164/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.01.2006; Aktenzeichen II ZR 357/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.3.2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt von der Beklagten, gestützt auf § 135 Nr. 2 InsO und §§ 30, 31 GmbHG die Erstattung von am 7.3. und 5.5.1999 erfolgten Teilrückzahlungen auf ein Darlehen, das die Beklagte der Schuldnerin im Jahre 1988 i.H.v. ca. 4,5 Mio. DM gewährt und das zu dieser Zeit unstr. Eigenkapital ersetzenden Charakter gehabt hatte.

Die Beklagte hat eingewandt, der ursprüngliche Eigenkapital ersetzende Charakter sei mit einer Kapitalerhöhung im Jahre 1997 entfallen. Eine neuerliche Krise sei bei der Schuldnerin, die am 7.3.2000 Insolvenzantrag stellte, erst in der zweiten Jahreshälfte 1999 eingetreten.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der Eigenkapital ersetzende Charakter des Darlehens sei zu keinem Zeitpunkt entfallen, insb. nicht durch die Kapitalerhöhung im Jahre 1997. Die Gesellschaft habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von ca. 3 Mio. DM ausgewiesen und die gebotene Zuführung neuen Stammkapitals habe entgegen dem grob fehlerhaften Sacheinlagebericht nicht durch das Gesellschafterdarlehen der Beklagten bewerkstelligt werden können. Eine Entsperrung des Darlehens habe nicht stattgefunden und andere Anhaltspunkte für eine Beendigung der Krise seien nicht vorgetragen. Im Übrigen sei eine neuerliche Krise auch nicht erst in der zweiten Jahreshälfte 1999 aufgetreten. Der Klageanspruch folge damit aus § 135 InsO i.V.m. § 32b GmbHG und ebenso aus §§ 30, 31 GmbHG.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten seiner Begründung sowie des Sach- und Streitstands bis zum Abschluss der ersten Instanz Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehrt.

Sie behauptet, der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag sei ab 1991 kontinuierlich zurückgeführt worden und nach Durchführung der Kapitalerhöhung habe die jeweilige Bilanz wieder einen positiven Kapitalbestand ausgewiesen (Übersicht Bl. 98 GA). Es könne keine Rede davon sein, dass die bei Darlehensgewährung im Jahre 1988 bestehende Krise bis in das Jahr 1999 angehalten hätte. Es habe sich vielmehr bis zur zweiten Jahreshälfte 1999 um ein gesundes Unternehmen gehandelt, das kontinuierlich Gewinne erwirtschaftet habe und von den Gesellschaftern mit ausreichenden Eigenmitteln ausgestattet gewesen sei.

Die zuvor bilanziell ausgewiesene rechnerische Überschuldung sei mit der Kapitalerhöhung gem. Beschluss vom 11.6.1997 beseitigt worden. Das zu dieser Zeit mit 2.904.685,70 DM valutierende Gesellschafterdarlehen sei i.H.v. 1.711.165,03 DM zur Kapitalerhöhung geeignet gewesen, da auf der anderen Seite ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 693.520,67 DM und das aufgezehrte Stammkapital von 500.000 DM gestanden hätten (s. Sacheinlagebericht Anlage K 8).

Da das Geschäftsjahr 1999 zunächst sehr gut verlaufen sei, hätten sich für die Gesellschafter im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Auszahlungen keine Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Schuldnerin ergeben. Von einer Krise habe nicht ausgegangen werden können. Die erheblichen Probleme seien erst im zweiten Halbjahr aufgetreten.

Die Beklagte meint, das LG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, darauf hinzuweisen, dass es die Kapitalerhöhung als nicht wirksam durchgeführt ansehen wolle; dies habe nicht einmal der Kläger geltend gemacht.

Die Feststellung der Kammer, dass der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung bei rd. 3 Mio. DM gelegen habe, sei zudem grob falsch. Dieser habe, wie sich aus der Bilanz ergebe, per 31.12.1996 nur knapp 700.000 DM betragen, so dass der im Sachgründungsbericht ausgewiesene Teilbetrag für eine Umwandlung des Darlehens in Nominalkapital frei gewesen sei. Ein werthaltiger nicht durch Eigenkapitalersatz verhafteter Teil des Darlehens sei als Einlage in die Gesellschaft eingebracht worden. Mit der Beseitigung der rechnerischen Überschuldung sei die Krise der Schuldnerin endgültig beseitigt worden.

Damit sei der verbleibende Rest des Darlehens entsperrt und zur Rückzahlung frei geworden.

Hinsichtlich der neuen Krise in der zweiten Jahreshälfte 1999 habe die Kammer die Vorhersehbarkeit der maßgeblichen Umstände verkannt.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Er meint, es komme auf die von der Beklagten dargelegte wirtschaftlich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge