Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Abschluss eines Kilometer- Leasingvertrages über ein Kfz in einem vom Leasinggeber dazu autorisierten Autohaus in Absprache mit dem Leasingnehmer vorbereitet und kommt es dadurch zu einem entsprechenden Vertragsabschluss zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, ist ein solcher Vertrag nicht als Fernabsatzgeschäft im Sinne des § 312c Abs. 1 BGB zu qualifizieren.
2. Auch handelt es sich bei einem Kilometer-Leasingvertrag nicht um eine Finanzdienstleistung im Sinne von § 356 Abs. 3 Satz 3 BGB.
3. Fehlen sachliche Gründe für die Ausübung des Widerrufs bei einem Kilometer-Leasingvertrag und war der Vertrag im Zeitpunkt des Widerrufs bereits zu einem Großteil bei nicht bestehender Abnahmeverpflichtung bzw. nicht bestehendem Andienungsrecht vollzogen, ist die Ausübung des Widerrufs rechtsmissbräuchlich, § 242 BGB.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 6 O 420/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.04.2021 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (Az. 6 O 420/20) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für die Berufung: 9.780,00 EUR
Gründe
A. Die Parteien schlossen auf einem Vertragsformular der Beklagten in den Geschäftsräumen der Firma Autohaus X H GmbH am 12.10.2018 einen Leasingvertrag (Nummer 01) über ein privat zu nutzendes Fahrzeug der Marke C (FIN: ...). Die Laufzeit betrug 24 Monate bei einer Gesamtfahrleistung von jährlich 10.000 km; die monatliche Leasingrate belief sich auf 345,00 EUR bei einer Leasing- Sonderzahlung zu Beginn der Laufzeit in Höhe von 1.500,00 EUR. Mehr oder Minderkilometer sollten ausgeglichen werden; ebenso sollte ein Ausgleich des Minderwertes für einen nicht vertragsgemäßen Zustand des Leasinggegenstandes bei Rückgabe am Vertragsende stattfinden.
Auf Seite 9 der Antragsunterlagen findet sich unter der Überschrift "Widerrufsinformation" eine formularmäßige Belehrung. Darin heißt es unter anderem:
"Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen."
Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 28.12.2018 übergeben. In der Folge erbrachte er die von ihm geschuldeten monatlichen Leasingraten.
Mit E-Mail vom 14.08.2020 erklärte der Kläger den Widerruf des Leasingvertrages. Die Beklagte wies den Widerruf mangels Einhaltung der Widerrufsfrist zurück.
Der Kläger gab das Fahrzeug nach ordentlicher Beendigung des Leasingvertrages zurück. Die Beklagte erstellte unter dem 24.12.2020 ihre Endabrechnung, die mit einem Saldo in Höhe von 15,88 EUR zulasten des Klägers endete. Der Kläger beglich auch diese Forderung.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ihm stehe ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, da es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag um eine sogenannte "sonstige Finanzierungshilfe" gemäß § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB handele, auf die die Regelungen des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages gemäß den §§ 491 ff. BGB im Wesentlichen anzuwenden seien. Er hat behauptet, er sei nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt worden, weshalb die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Ihm sei bislang kein Vertragsexemplar ausgehändigt worden, das sämtliche Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthalte.
Auch stehe ihm ein Widerrufsrecht nach den Regelungen zum Fernabsatzvertrag zu, da der Leasingvertrag auf dem Fernabsatzweg unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen worden sei. Er habe sich vor, während oder nach Vertragsabschluss zu keinem Zeitpunkt in einer Filiale der Beklagten befunden. Das Autohaus habe lediglich als Vertragsvermittler gedient, damit letztlich nur als Bote gehandelt. Das Autohaus selbst habe im Verhältnis zur Beklagten keine weitergehenden Befugnisse gehabt, als das Standard- Leasingformular der Beklagten nach deren Vorgabe auszufüllen und die Legitimation bzw. Identität der Klagepartei zu Gunsten der Beklagten zu bestätigen.
Zudem enthalte die Belehrung unzutreffende Angaben zu den Widerrufsfolgen (Wertersatzpflicht). So entspreche der zweite Absatz nicht der gesetzlichen Rechtslage im Zusammenhang mit entgeltlichen Finanzierungshilfen. Fehlerhaft sei zudem angegeben, dass im Falle des Widerrufs der vereinbarte Sollzins zu zahlen sei. Über sein Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht sei er gar nicht belehrt worden.
Sein Widerrufsrecht sei nicht durch anderweitige gesetzliche Regelungen zeitlich begrenzt; die vom Gesetzgeber vorgegebene Ausschlussfrist des Widerrufsrechts von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss gelte im Streitfall nicht.
Auch habe er sein Widerrufsrecht nicht verwirkt.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.745,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu z...