Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Rechtskenntnis des Architekten; Unwirksamkeit einer formularmäßigen Vertragsstrafenklausel
Normenkette
BGB § 635; VOB/B § 11
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 O 379/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.12.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und beschwert den Kläger i.H.v. 20.216,49 DM.
Gründe
(Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO ohne Darstellung des Tatbestandes).
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet, weil der Beklagte seine Architektenpflichten aus dem Vertrag der Parteien über die Ausführung der Architektenleistungen gem. § 15 Abs. 2 HOAI für das Bauvorhaben des Klägers in M.-W., B.-straße 8 (Umbau des Hotels in ein Altenheim), nicht schuldhaft verletzt hat und deshalb ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten ausscheidet.
I. Es kann dahinstehen, ob die nicht unerheblichen Planungs- und Ausführungsänderungen im Dachgeschoss des Gebäudes gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben insgesamt zum Wegfall der streitigen Vertragsstrafenregelung mit dem Dachdecker G. führen und nicht nur, wie das LG meint, zu einer zeitlichen Anpassung bzw. Verlängerung der vertraglichen Ausführungsdauer, die der Vertragsstrafenregelung zugrunde gelegt worden war. Es ist anerkannt, dass bei einer regelmäßig auf einen bestimmten Bauablauf fixierten Vertragsstrafe ein Anspruch darauf entfällt, wenn durch von dem Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände der Zeitablauf ganz erheblich gestört worden ist (vgl. Werner/Pastor, Bauprozess, 9. Aufl., Rz. 2078 m.w.N.). Das hat der Beklagte, der insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.1.1999 – VII ZR 73/98, NJW 1999, 1108), im Hinblick auf die dargelegten Planungsänderungen im Dachgeschoss des Altenheims schlüssig vorgetragen.
II. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches des Klägers gegen den Beklagten aus § 635 BGB, der als alleinige Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, da die Vorbereitung der Bauverträge mit den Handwerkern zum Kernbereich der Architektentätigkeit des Beklagten gehörte (vgl. BGH v. 2.12.1982 – VII ZR 330/81, MDR 1983, 480 = NJW 1983, 871), liegen nicht vor.
1. Allerdings scheitert ein Schadensersatzanspruch gem. § 635 BGB nicht bereits an der von dem Beklagten erstinstanzlich erhobenen Einrede der Verjährung. Ein Anspruch des Klägers aus § 635 BGB wäre nicht verjährt, weil die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 BGB rechtzeitig durch die Klageerhebung unterbrochen worden ist (§ 209 Abs. 1 BGB), wie das LG zutreffend ausführt.
2. Der Beklagte hat auch objektiv gegen seine vertraglichen Architektenpflichten verstoßen.
Der Kläger hatte dem Beklagten die sachgerechte Vertragsgestaltung der Handwerkerverträge überlassen. Der Beklagte war damit einverstanden gewesen und musste deshalb dafür Sorge tragen, dass seine Vertragsentwürfe insgesamt rechtswirksam waren. Es ist deshalb unerheblich, ob der Kläger den Beklagten ausdrücklich mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit dem Dachdecker G. beauftragt hat.
Die Architektenleistung des Beklagten weist objektiv einen Mangel (§ 633 Abs. 1 BGB) auf, weil die in dem von ihm vorbereiteten Bauvertrag v. 13.6.1994 mit G. vereinbarte Vertragsstrafe aus den Gründen des Senatsurteils v. 24.3.1999 im Vorprozess des Dachdeckers G. gegen den jetzigen Kläger auf Zahlung von Restwerklohn (OLG Hamm 12 U 132/98) unwirksam ist.
Die streitige Formularklausel im Vertragsformular des Beklagten lautet wie folgt:
„Werden vereinbarte Termine überschritten, so hat der Auftragnehmer für jeden angefangenen Werktag der Überschreitung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die Vertragsstrafe beträgt für jeden Werktag der Überschreitung 0,5 % der Nettoauftragssumme, mindestens jedoch 100 DM pro Tag. Die Gesamtsumme der Vertragsstrafe wird auf höchstens 10 % der Nettoauftragssumme begrenzt.”
Da von einem Verzug (§§ 339 BGB, § 11 Nr. 1 VOB/B) in der Klausel selbst nicht die Rede ist, wird der Eindruck erweckt, dass die Vertragsstrafe verschuldensunabhängig verwirkt sein sollte. Eine solche Vereinbarung ist zwar wirksam möglich (vgl. Werner/Pastor, Bauprozess, 9. Aufl., 1999, Rz. 2049), aber nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie sie im Hinblick auf den streitigen Formularvertrag hier vorliegen. In AGB kann eine Vertragsstrafe wirksam nur für den Fall des Verzuges des Auftragnehmers vereinbart werden. Das muss klar zum Ausdruck kommen, wobei der Hinweis auf § 11 VOB/B ausreichend ist. Hier ist zwar zu Anfang des Formularvertrages mit dem Dachdecker G. auf dessen S. 1 unter „Auftragsbedingungen” die Geltung der VOB/B vereinbart worden. Die räumliche Trennung dieser Ziff. 1 von der Vertragsstrafenklausel unter Ziff. 13 auf der nächsten Formularseite lässt es aber unklar bleiben, ob der Beklagte als Klauselverwender sich nicht doch eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe au...