Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 13.04.2010; Aktenzeichen 8 O 403/09) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 13. April 2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger ist der einzige Sohn der Eheleute Dr. T2 und T. Er begehrt die Feststellung seiner Erbenstellung nach dem letztversterbenden Elternteil.
Vater des Klägers war der am ####1928 geborene und am ####2008 verstorbene Jurist Dr. T2; zu Zeiten seiner Berufstätigkeit war er zeitweise Polizeipräsident von H und C. Die am ####1929 geborene Mutter des Klägers (im Folgenden: Erblasserin) stammte aus einer Kaufmannsfamilie; sie verstarb am ####2009 unter Hinterlassung eines wenige Monate vor ihrem Tode errichteten notariellen Testamentes vom 25.03.2009, welches der Notar Dr. I in H beurkundet hatte. In diesem Testament, wegen des Einzelheiten auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 9 ff d.A.) Bezug genommen wird, verfügte die Erblasserin nach Voranschickung eines längeren Vorwortes Folgendes:
§ 1
Ich bin durch frühere Verfügungen von Todes wegen nicht an der Errichtung eines Testamentes gehindert.
Rein vorsorglich widerrufe ich trotzdem alle Verfügungen von Todes wegen.
§ 2
Zu meinem alleinigen Erben berufe ich Herrn L, geb. am ####1958 … .
§ 3
Weiteres habe ich nicht zu bestimmen.
Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit um die Wirksamkeit der so angeordneten Erbeinsetzung des Beklagten auf folgendem Hintergrund:
Die Eltern des Klägers hatten mit Datum vom 07.08.2005 ein vom Vater des Klägers geschriebenes und von beiden Elternteilen unterschriebenes "gemeinsames (sog. "Berliner") Testament" errichtet, wegen des Inhaltes auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen wird. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten den Kläger zum Erben des Längstlebenden von ihnen. Nach der Formulierung einer Pflichtteilsklausel enthält das gemeinschaftliche Testament folgende Passage:
"Von etwaigen Verfügungsbeschränkungen ist jeder der beiden Ehegatten befreit."
Dieses Testament wurde nach dem Tode des Ehemannes Dr. T2 zum AZ. 9 IV 181/08 vom Amtsgericht Recklinghausen eröffnet. Die Mutter des Klägers beantragte und erhielt unter Bezugnahme auf dieses Testament vom Amtsgericht Recklinghausen zum AZ. 9 VI 234/08 einen Erbschein als Alleinerbin ihres Ehemannes.
Auf Antrag des Klägers ordnete das Amtsgericht Recklinghausen zum AZ. 64 XVII S 2784 unter dem 28.05.2008 hinsichtlich der Frau T, die seinerzeit im Pflegezentrum S2 in S lebte, eine gerichtliche Betreuung an, wobei zunächst Berufsbetreuerinnen, und sodann der Kläger als Betreuer bestellt wurden. Nachdem die Betreute auf eigenen Wunsch in ihre frühere Wohnung in H zurückgekehrt war, verfügte das Amtsgericht Gelsenkirchen zum AZ. 11 XVII Sch 218 mit Beschluss vom 28.01.2009 die Aufhebung der Betreuung. Nach der Rückkehr der späteren Erblasserin in ihre Wohnung im Sommer 2008 bestanden intensive Kontakte ihrerseits zu dem Beklagten und dessen Ehefrau, die bis zum Tode der Erblasserin anhielten. Dabei übergab sie dem Beklagten mehrfach größere Geldbeträge, wobei die Hintergründe der Geldübergaben und deren Rückführung in das Vermögen der Erblasserin zwischen den Parteien streitig sind.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei aufgrund einer bindenden letztwilligen Verfügung seiner Eltern Alleinerbe seiner letztversterbenden Mutter geworden. Es sei gemeinsamer Wille seiner Eltern gewesen, eine endgültige Regelung bezüglich des Schlusserben zu treffen, die seine Mutter durch das notarielle Testament vom 25.03.2009 nicht mehr habe abändern können. Der Testamentshinweis darauf, dass jeder der beiden Ehegatten von etwaigen Verfügungsbeschränkungen befreit sei, bedeute lediglich die Ermächtigung zu Verfügungen unter Lebenden. Sein Vater als Jurist habe die Bindungswirkung des Berliner Testamentes nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten gekannt und gewollt; auf abweichende Vorstellungen und Erklärungen seiner Mutter nach dem Tode ihres Ehemannes komme es nicht mehr an.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er Alleinerbe nach seiner am ####2009 verstorbenen Mutter, T, geb. X, zuletzt wohnhaft X-Straße, ####1 H, geworden sei.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, das Ehegattentestament von August 2005 sei in dem Sinne auszulegen, dass klargestellt werde, dass der überlebende Ehegatte letztwillig frei verfügen könne. Es sei gewollt gewesen, dass der überlebende Ehegatte berechtigt sein sollte, andere Verfügungen von Todes wegen zu treffen. Dies sei auf dem Hintergru...