Leitsatz (amtlich)
Reiserücktransportversicherung (hier in Tarifbestimmung zu MB/KK 2009) Stellt eine Reiserücktransportversicherung auf "einen aus medizinischen Gründen erforderlichen Rücktransport" ab und darauf, dass vor Ort eine ausreichende Behandlung nicht gewährleistet ist, dann kommt es darauf an, ob ex ante die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt des Rücktransports vertretbar erscheinen lassen, den Rücktransport als notwendig anzusehen. Maßgeblich sind die seinerzeitigen Erkenntnismöglichkeiten des Versicherungsnehmers oder der für diesen handelnden Personen.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 27.05.2013) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.5.2013 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger begehrt - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - mit seiner Klage von der Beklagten die Erstattung von Transportkosten im Zusammenhang mit einer während einer Urlaubsreise nach Fuerteventura im Juli/August 2011 aufgetretenen behandlungsbedürftigen Erkrankung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenvollversicherung nach dem Tarif Vision 1 unter Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB), diese bestehend aus den MB/KK 2009 (Teil I) und den TB 2009 (Teil II) sowie der diese ergänzenden Tarifbestimmungen im Tarif Vision 1 (Teil III).
§ 1 Teil II Nr. 5 AVB lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Bei einem Auslandsaufenthalt werden im Rahmen der tariflichen Leistungen für Krankheitskostentarife auch die Kosten für einen aus medizinischen Gründen erforderlichen Rücktransport, soweit sie Reisemehrkosten sind, erstattet, wenn am Ort der Erkrankung im Ausland bzw. in zumutbarer Entfernung eine ausreichende medizinische Behandlung nicht gewährleistet ist (...)"
In Teil III der Tarifbestimmungen ist unter Buchstabe A. Nr. 2 ferner die Erstattung der Kosten für medizinisch notwendige Transporte zum und vom nächstgelegenen aus medizinischer Sicht geeigneten Krankenhaus bedungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf das Bedingungswerk der Beklagten (GA I 20 ff.) Bezug genommen.
Der Kläger erkrankte während eines für den Zeitraum 30.07. bis 25.8.2011 geplanten Urlaubsaufenthalts auf Fuerteventura an einer beidseitigen Lungenentzündung. Nach einer Erstbehandlung des Klägers durch den Hotelarzt, deren Kosten die Beklagte nach Klageerhebung erstattete, erfolgte ab dem 14.8.2011 eine stationäre Versorgung des Klägers im Hospital General de Fuerteventura. Im Zusammenhang mit seiner Verbringung in dieses Krankenhaus wendete der Kläger Taxikosten i.H.v. 102,35 EUR auf. Nach Konsultation des Zeugen Dr. med. W durch die Ehefrau des Klägers und dessen Rücksprache mit den den Kläger vor Ort behandelnden Ärzten entschloss sich der Kläger am 16.8.2011 für einen fluggebundenen Rücktransport nach Deutschland. Der Rücktransport erfolgte durch die ADAC Service GmbH am 19.8.2011 zum Flughafen Düsseldorf und von dort mittels RTW auf die Intensivstation des Universitätsklinikums Essen. Im Rahmen der dort erfolgten Betreuung besserte sich der Zustand des Klägers. Eine Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgte am 26.8.2011.
Der Kläger verlangte in der Folgezeit von der Beklagten u.a. Erstattung der Kosten für den Rücktransport nach Deutschland i.H.v. 17.300 EUR, für die Behandlung durch den Hotelarzt i.H.v. 94 EUR, für die Verbringung vom Hotel in das Krankenhaus auf Fuerteventura i.H.v. 102,35 EUR sowie für ein Gutachten Dr. med. W i.H.v. 275,12 EUR. Die Beklagte verweigerte - nach vorangegangener Leistungsverweigerung vom 27.9.2011 - zuletzt mit Schreiben vom 19.4.2012 (GA I 37), nachdem der Kläger seine nunmehrigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte, die Erbringung von Leistungen mit der Begründung, es habe für einen Rücktransport nach Deutschland keine medizinische Notwendigkeit bestanden, da die auf Fuerteventura begonnene Therapie im Universitätsklinikum Essen unverändert fortgeführt worden und eine Weiterführung der Therapie auch auf Fuerteventura möglich gewesen sei.
Der Kläger hat, nachdem die Beklagte die Kosten für dessen Behandlung auf Fuerteventura bedingungsgemäß erstattet hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, mit seiner Klage - nach teilweiser Rücknahme der Klage und Klageerweiterung - erstinstanzlich zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 19.518,34 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie mit 519,68 EUR bezifferten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten im Umfang einer 0,65 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und USt. nach einem Gegenstandswert von bis zu 22.000 EUR begehrt.
Er hat erstinstanzlich behauptet, es habe - auch aufgrund seiner Krankenvorge...