Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 23.07.2015; Aktenzeichen 6 O 192/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Trier vom 23.07.2015 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird über den durch das angefochtene Urteil bereits zugesprochenen Betrag hinaus verurteilt, an den Kläger weitere 15.102,59 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Leistungen aus einem Auslandsreise-Krankenversicherungsvertrag mit der Beklagten, dem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (...) der Beklagten (Anlage K 1, Bl. 7 ff. Anlagenheft, nachfolgend AVB) zugrunde liegen. Der Vertrag umfasst Versicherungsschutz u.a. für Krankheiten, die während einer vorübergehenden Auslandsreise auftreten; der Versicherer leiste bei einem im Ausland unvorhergesehen eintretenden Versicherungsfall Ersatz für Heilbehandlungen und erbringe sonstige vereinbarte Leistungen (§ 3 AVB). Nach § 12 Ziff. 2 S. 1 AVB werden die Mehrkosten eines medizinisch notwendigen und ärztlich angeordneten Rücktransports aus dem Ausland erstattet, wenn an Ort und Stelle bzw. in zumutbarer Entfernung eine ausreichende medizinische Behandlung nicht gewährleistet und dadurch eine Gesundheitsschädigung zu befürchten ist.
Der Kläger leidet an einer Nierenkrebserkrankung mit Metastasen in der Lunge und im Bauchfell sowie an einer chronischen Niereninsuffizienz.
Er trat am 16.11.2012 eine ursprünglich bis zum 07.12.2012 geplante Reise nach Alicante (Spanien) an. Am 29.11.2012 begab sich der Kläger mit seit vier Tagen bestehenden Unterleibsschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen in die Notaufnahme nach Benidorm in das dortige I. Krankenhaus, wo er stationär aufgenommen wurde. Die den Kläger behandelnde Ärztin vermutete einen Zusammenhang mit einer karzinomatösen Aszites und der Grunderkrankung des Klägers. Sie ordnete deshalb am 03.12.2012 seine Rückführung per Ambulanzflugzeug an. Am 04.12.2012 unterrichtete der Kläger die Beklagte über seine Ehefrau und Tochter über die Einlieferung ins Krankenhaus, die bisherigen Diagnosen, die Grunderkrankung und den für den 05.12.2012 geplanten Rücktransport. Gegen 18.15 Uhr des 04.12.2012 übersandte die Beklagte die zur Prüfung notwendigen Vordrucke (Bl. 26 ff. Anlagenheft). Noch am selben Abend wurden der Beklagten die ausgefüllten Vordrucke sowie die (spanischsprachigen) ärztlichen Berichte übermittelt. Am 05.12.2012 erfolgte der Rücktransport des Klägers nach Deutschland.
Nachdem die Beklagte am Morgen des 06.12.2012 eine Stellungnahme des behandelnden Hausarztes eingeholt hatte (Bl. 70 Anlagenheft), wurde die Tochter des Klägers am selben Tag von der Beklagten telefonisch darüber informiert, dass diese die Kosten der Heilbehandlung und des Rücktransports nicht übernehmen werde, da es sich nicht um eine unvorhergesehene Erkrankung im Sinne der Versicherungsbedingungen handele.
Der Kläger wurde nach dem Rücktransport im Krankenhaus (...) in... wegen einer diagnostizierten Gallenblasenentzündung weiterbehandelt und nach antibiotischer Therapie beschwerdefrei entlassen.
Die Kosten für den Rücktransport beliefen sich auf 14.545,00 EUR (Anlage K, Bl. 22 ff. Anlagenheft), die Kosten für die Behandlung in Spanien auf 3.658,55 EUR (Anlage K 8, Bl. 35 Anlagenheft).
Der Kläger hat vorgetragen, trotz seiner Grunderkrankung hätten aus ärztlicher Sicht vor Reiseantritt keine medizinischen Einwände gegen die geplante Reise bestanden. Vor Antritt der Reise habe er mit seinen behandelnden Ärzten, den Zeugen Prof. Dr. med. Ko. und Dr. med. Ki., Rücksprache gehalten. Da er sich in einem gesundheitlich guten Zustand befunden habe, habe der Zeuge Prof. Dr. med. Ko. die Reise befürwortet. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass bei Durchführung der Reise keine Heilbehandlungen notwendig sein würden.
Der Rücktransport sei wegen des von den spanischen Ärzten vermuteten Zusammenhangs mit der Grunderkrankung medizinisch notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund habe eine weitere Versorgung in dem deutschen Krankenhaus erfolgen sollen, das bereits mit der medizinischen Versorgung der Krebserkrankung vertraut gewesen sei. Jedenfalls stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der Transportkosten unter Schadensersatzgesichtspunkten zu. Die von der Beklagten verwendeten Vertragsklauseln seien unwirksam, der Vertrag sei ergänzend dahin gehend auszulegen, dass die Beklagte kurzfristig die medizinische Notwendigkeit des Rücktransports hätte prüfen und ggf. den Rücktransport hätte organisieren müssen. Vorliegend sei der Kläger völlig ...