Leitsatz (amtlich)
1. Vertragspartei einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung eines Pferdes wird der im Vertrag nicht namentlich benannte Käufer nicht schon deshalb, weil in erster Linie er an einer korrekten Ermittlung des Gesundheitszustandes des Pferdes interessiert ist.
2. Die Haftung des Gutachters für ein unrichtiges Gutachten ergibt sich nicht aus § 311 Abs. 3 BGB, sondern weiterhin aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
3. Ob und welche Dritte die Vertragsparteien in den Schutzbereich des von ihnen geschlossenen Vertrages einbeziehen, unterliegt im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich ihrer freien Disposition. Auch eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkung, nach der die Haftung des Verwenders gegenüber nicht namentlich im Vertrag genannten Dritten ausgeschlossen ist, begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 08.11.2012; Aktenzeichen 2 O 521/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.11.2012 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin erwarb am 5.10.2009 von dem Zeugen C2 den im Klageantrag genannten Wallach "T" zum Preise von 6.300 EUR, nachdem der Beklagte als Tierarzt eine Ankaufsuntersuchung durchgeführt und laut seinem schriftlichen Befund keine Anhaltspunkte für erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt hatte.
Die Klägerin behauptet, die Ankaufsuntersuchung sei mangelhaft durchgeführt worden, weshalb der Beklagte eine bei einer späteren Untersuchung durch den Tierarzt Dr. U am 7.4.2011 festgestellte hochgradige Arthrose eines Hufgelenks nicht bemerkt habe. Bei ordnungsgemäßer Untersuchung und Mitteilung dieser Erkrankung hätte sie das Pferd nicht erworben und den Kaufpreis sowie weitere Folgekosten für die Unterhaltung des Tieres erspart.
Den behaupteten Gesamtaufwand von 18.123,48 EUR hat sie Zug um Zug gegen Herausgabe des Wallachs nebst dazugehörigen Papieren als Schadensersatz eingeklagt. Weiter hat sie die Feststellung begehrt, dass der Beklagte sich im Annahmeverzug befindet und verpflichtet ist, auch alle Zukunftsaufwendungen für das Pferd zu tragen. Daneben hat sie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 492,54 EUR nebst Zinsen verlangt.
Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin unter Hinweis darauf bestritten, dass nicht diese, sondern der Verkäufer sein Auftraggeber gewesen sei.
Die schriftliche Feststellung:
"Bei der heutigen Untersuchung konnten Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht festgestellt werden."
habe sich ausschließlich auf die klinische und nicht auf die röntgenologische Untersuchung des Pferdes bezogen und sei korrekt gewesen. Eine Gesamtbeurteilung der röntgenologischen Untersuchung nach dem Röntgenleitfaden 2007 sei von seinem Auftraggeber ausdrücklich nicht gewünscht worden. Die insoweit erhobenen Befunde seien mündlich mit dem Auftraggeber in der Praxis besprochen worden. Sein Gutachten sei daher nicht mangelbehaftet gewesen.
Da vom Auftraggeber ausdrücklich nicht gewünscht, habe es auch die später von Dr. U vorgenommene Klasseneinteilung nach dem Röntgenleitfaden 2007 nicht gegeben. Bei der gebotenen Einbeziehung des klinischen Bildes sei zum Zeitpunkt seiner - des Beklagten - Untersuchung bei der denkbar negativsten Bewertung eine Eingruppierung in die Klasse III (Akzeptanzzustand) erfolgt. Soweit Dr. U tendenziell eher die Klasse IV (Risikozustand) angesetzt habe, sei dies mit negativen Veränderungen während der 1,5 Jahre zwischen den beiden Untersuchungen zu erklären.
Die Klägerin sei auch schon deshalb nicht nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter anspruchsberechtigt, weil diese Haftung vertraglich ausgeschlossen worden sei. Wegen der von ihr nicht genutzten Möglichkeit, den Verkäufer in Anspruch zu nehmen, sei sie auch nicht schutzbedürftig. Ihr sei vorzuwerfen, dass sie die Gewährleistungsfrist habe verstreichen lassen, obwohl sie nach eigenem Vorbringen schon einige Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages Auffälligkeiten bemerkt habe.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, im Hinblick auf vertragliche Ansprüche sei die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aktivlegitimiert. Der Zeuge C2 habe glaubhaft bekundet, den Untersuchungsauftrag im eigenen Namen und nicht als Vertreter der Klägerin in Auftrag gegeben zu haben.
Auch eine Haftung nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheide aus. Zum einen...