Leitsatz (amtlich)

›1) Auf eine fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung kann sich der Versicherer nicht berufen, wenn er sich bereit erklärt, zum Ablauf des dritten Jahres ein Gutachten anzufordern, und nicht deutlich macht, dazu nur aus Kulanz bereit zu sein.

2) Zur Unfallbedingtheit einer indurativ penis plastica.‹

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 18.08.1998; Aktenzeichen 8 O 122/98)

 

Tatbestand

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

 

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger hat die Beklagte aus zwei von seiner Ehefrau unter den Versicherungsnummern 2458823/980 und 2661876/960 abgeschlossenen Unfallversicherungen, in denen er mitversichert ist, wegen einer Verletzung in Anspruch genommen, die er sich am 28. August 1993 bei einem Sturz vom Fahrrad am Geschlechtsteil zugezogen hat. Er hat behauptet, bei dem Aufprall auf den Fahrradrahmen und die Pedale habe er eine Prellung am Penis erlitten, die zu einem Dauerschaden geführt habe. Das Glied sei gebogen. Dadurch bedingt sei ihm die Ausübung des Geschlechtsverkehrs nicht mehr möglich.

Mit der am 2. März 1998 eingereichten Klage hat der Kläger auf der Grundlage einer angenommenen Invalidität von 30 % Zahlung aus beiden Versicherungen in Höhe von insgesamt 72.050,-- DM verlangt, nachdem die Beklagte Leistungen aus dem Versicherungsvertrag Nr. 2458823/980 unter Hinweis auf § 8 II (1) AUB 61 wegen Fehlens einer dauernden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers in vollem Umfang abgelehnt und zum Versicherungsvertrag Nr. 2661876/960, dem die AUB 88 zugrunde liegen, nur eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 3.700,-- DM gezahlt hatte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Ansprüche des Klägers im Hinblick auf die insoweit erhobene Einrede der Beklagten für verjährt erachtet.

II.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers, der mit der Berufungsbegründung nur noch Ansprüche aus dem Vertrag Nr. 2661876/960 weiterverfolgt und Zahlung von 11.675,-- DM begehrt, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger über den bereits gezahlten Betrag von 3.700,-- DM hinaus eine weitere Invaliditätsentschädigung in Höhe von 6.550,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.9.1997 zu zahlen. Das weitergehende Rechtsmittel des Klägers hat allerdings keinen Erfolg.

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger zur Geltendmachung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag berechtigt. Die Versicherungsnehmerin, seine Ehefrau, hat ihn durch schriftliche Erklärung vom 26. Februar 1999 (Bl. 197 d. A.) dazu ermächtigt, die Rechte aus der Unfallversicherung im eigenen Namen auszuüben.

2.

Der Durchsetzung des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung steht auch nicht die von der Beklagten erhobene und in der Berufungsinstanz ausdrücklich aufrechterhaltene Einrede der Verjährung entgegen. Der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG war bei Einreichung der Klage am 2. März 1998 noch nicht abgelaufen, denn die Verjährungsfrist war zwischenzeitlich gehemmt. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 VVG beginnt der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Schluß des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Das war hier Ende des Jahres 1995 der Fall. Der Kläger hat der Beklagten nämlich unter dem 14. August 1995 mitgeteilt, bei der Behandlung der Unfallverletzung sei ein Stillstand eingetreten. Es könne schon jetzt ein Arztbericht angefordert werden. Das ist zwar nicht geschehen, sondern es hat ein Regulierungsgespräch stattgefunden, das zu einer Zahlung von 3.700,-- DM seitens der Beklagten geführt hat. Der Kläger hat sich mit diesem Betrag als Entschädigung für den eingetretenen Dauerschaden zwar nicht zufriedengegeben, einen weiteren Arztbericht zur Vorlage bei der Beklagten aber auch nicht eingeholt. Die jetzt verlangte Invaliditätsentschädigung hätte er deshalb auch schon Ende des Jahres 1995 geltend machen können.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Verjährung jedoch nicht mit Ende des Jahres 1997 eingetreten; denn ihr Lauf war gemäß § 12 Abs. 2 VVG gehemmt. Spätestens mit seinem Schreiben vom 14.8.1995 (Bl. 94 d. A.) hat der Kläger klargestellt, daß er eine Invaliditätsentschädigung als Versicherungsleistung begehrt, denn es heißt in diesem Schreiben ausdrücklich, daß bei der Behandlung ein Stillstand eingetreten sei und deshalb ein Arztbericht angefordert werden könne, "um die Höhe des Invaliditätsgrades zu prüfen". An einer schriftlichen Entscheidung der Beklagten im Sinne einer abschließenden Stellungnahme zu Grund und Umfang der Entschädigungspflicht fehlt es dann aber bis zum Schreiben der Beklagten vom 24.5.1996. Die Beklagte hat zuvor der Ehefrau des Klägers zwar nach der Regulierungsverhandlung vom 11. Oktober 1995 mit Schreiben vom 27.10.1995 die Scheckzahlung vom 11.10.1995 über 3.700,-- DM "zu diesem Schadenfall" bestätigt. Diesem Schreiben ist jedoch nicht zu entnehmen, daß damit aus Sicht der Beklagten der Versicherungsfall endgültig reguliert...

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