Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität ist zu beurteilen, ob aktuelle Beschwerden eines Geschädigten noch auf einem Jahre zurückliegenden Verkehrsunfall beruhen. Zugrunde zu legen ist der Beweismaßstab des § 287 ZPO, nachdem es ausreichend ist, wenn zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die behaupteten Beschwerden zumindest mitursächlich auf das schädigende Unfallereignis zurückzuführen sind.
Normenkette
VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; StVG § 7 Abs. 1, §§ 17, 11 S. 2; BGB § 823 Abs. 1, § 253; ZPO 287
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 11.09.2012; Aktenzeichen 21 O 323/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.09.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 21. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt, soweit dies im Berufungsverfahren noch von Belang ist, den beklagten Haftpflichtversicherer aus einem Verkehrsunfall vom 13.09.20..., auf Ersatz immateriellen Schadens in Anspruch. Bei dem Unfall fuhr ein Fahrzeugführer mit einem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug auf den Motorroller des Klägers auf. Der Kläger wurde vom Roller geschleudert und erlitt eine Fraktur des dritten Lendenwirbelkörpers sowie multiple Prellungen. Die Beklagte zahlte an den Kläger ein Schmerzensgeld von 5.000,- EUR. Mit der Behauptung, er habe noch heute ständig Schmerzen im Bereich des dritten Lendenwirbels und der Hüfte, die ins Bein ausstrahlten, begehrt er die Zahlung einer monatlichen Rente bzw. eines weiteren Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 25.000,- EUR. Durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt, hat das LG die Klage nach Einholung eines unter dem 11.10.2011 datierenden und unter dem Datum des 15.05.2012 ergänzten medizinischen fachorthopädischen Sachverständigengutachtens abgewiesen. Zur Begründung hat es, gestützt auf das eingeholte Sachverständigengutachten, ausgeführt, der seitens des Klägers erlittene Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers sei knöchern verheilt. Die von dem Kläger weiterhin beklagten Beschwerden seien nicht auf den verheilten Bruch des 3. Lendenwirbelkörpers zurückzuführen.
Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das LG. Soweit die anhaltende Beinschmerzsymptomatik betroffen sei, habe das LG es fehlerhaft unterlassen, eine neurologische Begutachtung anzuordnen. Der Privatgutachter Dr. T2 habe die Beinschmerzsymptomatik dem Dermatom L 5 entsprechend am ehesten auf den Unfall zurückgeführt und deshalb eine neurologische Untersuchung angeraten. Die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. T, die weitere Verwendung des Stützkorsetts und der Gehstützen sei durch den Bruchs des 3. Lendenwirbelkörpers nicht indiziert, entbehre einer objektiven medizinischen Begründung. Dies und die unterschiedliche Bewertung des vorhandenen Bildmaterials durch den Privatsachverständigen Dr. T2 und den gerichtlichen Sachverständigen Dr. T hätten dem LG Anlass geben müssen, ein Obergutachten nach § 412 ZPO einzuholen.
Nach vorangegangenem Hinweisbeschluss vom 29.01.2013 hat der Senat durch gem. § 522 Abs. 2 ZPO gefassten Beschluss v. 26.03.2013 die Berufung zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers angenommen und unter Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses des Senats v. 26.03.2013 die Sache zur erneuten Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine monatliche Rente in Höhe von 420,- EUR, beginnend mit dem 14.09.2008, zu zahlen, hilfsweise, das angefochtene Urteil abzuändern, und die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes weiteres Schmerzensgeld, begrenzt bis zum 30.06.2010, zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, dessen Höhe aber noch weitere 25.000,- EUR betragen sollte.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
Der Senat hat den bislang noch nicht vollständig ausgeführten Beweisbeschluss des LG vom 03.05.2012 nach erneuter Beschlussfassung vom 26.08.2014 durch Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T fortgeführt. Hierzu verhalten sich die ergänzenden schriftlichen gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen vom 29.11.2014 und 28.01.2015.
Des Weiteren hat der Senat auf der Grundlage des vorgenannten Beweisbeschlu...