Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngebäudeversicherung: arglistige Täuschung eines Mit-VN nach Versicherungsfall
Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmt der Versicherungsvertrag, dass der Versicherer leistungsfrei ist bei arglistiger Täuschung durch den VN über Tatsachen, welche für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so gilt: Dies meint auch Tatsachen, welche von Bedeutung sind zur Beurteilung der Frage, ob der VN den Versicherungsfall selbst herbeigeführt hat.
2. Zur Frage, wann die arglistige Täuschung eines Miteigentümers und Mit-VN auch einem anderen Miteigentümer und Mit-VN schadet.
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 3/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3) gegen das am 23. November 2016 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten dieser beiden Kläger zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Kläger, in der Berufungsinstanz nunmehr lediglich der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 3), nehmen die Beklagte aus einer Wohngebäudeversicherung auf Entschädigung für einen Brandschaden an einer Immobilie in H - einem Pferdehof mit Wohnhaus auf einem insgesamt über 35.000 m2 großen Objekt - in Anspruch. Die Immobilie stand ursprünglich im gemeinschaftlichen Eigentum der drei Kläger und des früheren Lebensgefährten der Klägerin zu 3). Diese vier Parteien schlossen auch im Jahre 2009 den Versicherungsvertrag ab.
Dem Vertrag liegen die ABL 2008 zugrunde. Diese sehen in § 36 Ziff. 2 folgende Regelung vor:
"2. Arglistige Täuschung nach Eintritt des Versicherungsfalls
Der Versicherer ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht oder zu täuschen versucht. [...]"
Nach seinem Tod im November 2010 wurde der Lebensgefährte der Klägerin zu 3 von dieser allein beerbt.
Mit schriftlichem Vertrag vom 11.09.2014 beauftragten die Kläger den Immobilienmakler N mit der Veräußerung der Immobilie. In dem Vertrag wurden, wie jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig geworden ist, unter "§ 1 - Auftrag" sämtliche Flurstücke bezeichnet, aus denen sich das Objekt der Kläger zusammensetzt. Unter "§ 2 - Verkaufspreis für das Auftragsobjekt" wurde ein Betrag von 420.000,- EUR niedergelegt. Der Vertrag wurde von allen drei Klägern unterzeichnet.
Am 15.12.2014 kam es zu einem Brand an der versicherten Immobilie, durch den diese erheblich beschädigt wurde.
Mit Datum vom 22.01.2015 unterzeichneten der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 3) ein Schadensprotokoll (Bl. 89 GA), in dem es unter anderem heißt: "Mit Beauftragung des Maklers N wurde das Objekt für 650.000,- EUR angeboten." Auf jeder Seite des Schadensprotokolls ist unten ein Hinweis auf die Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten abgedruckt.
Zuvor hatte der Kläger zu 1) mit dem Makler N telefonisch vereinbart, den schriftlichen Maklerauftrag dahingehend zu verändern, dass in § 2 ein Verkaufspreis von 650.000,- EUR ausgewiesen werden solle. Hierzu wird auf die Wiedergabe des Telefonmitschnitts im angefochtenen Urteil (dort S. 8 - 10, Bl. 302 - 304 GA) Bezug genommen. Die entsprechende Seite des Vertrages wurde ausgetauscht, sonstige Änderungen an ihm nicht vorgenommen. Der so veränderte Vertrag erweckte also den Anschein, als sei in ihm sogleich am 11.09.2014 ein angestrebter Verkaufspreis von 650.000,- EUR festgehalten worden (Bl. 97 GA).
Die Beklagte lehnte eine Entschädigung ab, weil sie die Auffassung vertrat, durch die Kläger sei versucht worden, die Beklagte arglistig zu täuschen.
Der Kläger zu 1) hat behauptet: Die Änderung von § 2 des Maklervertrages habe nur klarstellenden Charakter gehabt. Der ursprünglich eingesetzte Betrag von 420.000,- EUR habe sich nämlich nur auf einen Teil der Flurstücke bezogen. Dies sei im weiteren Verlauf korrigiert worden, um Missverständnissen vorzubeugen. Von Anfang an habe aber die übereinstimmende Vorstellung der Kläger und des Maklers bestanden, dass für das gesamte Objekt ein Kaufpreis von 650.000,- EUR maßgeblich sein sollte.
Die Klägerin zu 3) hat ebenfalls behauptet, davon ausgegangen zu sein, dass für das gesamte Objekt ein Verkaufspreis von 650.000,- EUR angestrebt werden sollte. Von der nachträglichen Veränderung des Maklervertrages durch den Kläger zu 1) habe sie keine Kenntnis gehabt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es liege eine arglistige Verletzung der vertraglichen Auskunftspflichten durch den Kläger zu 1) vor, die auch den übrigen Kläge...