Leitsatz (amtlich)
1. Sind zugunsten des Gläubigers einer GmbH Sicherungsrechte an Vermögensgegenständen der Gesellschaft und wegen derselben Forderung Sicherheiten durch einen Gesellschafter bestellt worden, kann der Insolvenzverwalter über das Vermögen dieser Gesellschaft nach Verwertung der dem Absonderungsrecht unterliegenden Gegenstände und Auskehr des Erlöses an den Gläubiger nicht mit Erfolg die Insolvenzanfechtung ggü. dem Gesellschafter mit der Begründung geltend machen, durch die Tilgung der Gesellschaftsschuld sei die Sicherheit entsprechend frei geworden.
Insbesondere ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO in der seit dem 1.11.2008 geltenden Fassung nicht möglich, da die maßgebliche Rechtshandlung entgegen § 129 Abs. 1 InsO nicht vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.
2. § 135 Abs. 2 InsO n.F. ist auf die vorstehend dargestellte Situation auch nicht über den Wortlaut des § 129 Abs. 1 InsO hinaus entsprechend anzuwenden.
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 29.4.2010 verkündete Urteil des LG Arnsberg abgeändert.
Der Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger neben den im Wege des Teil-Anerkenntnisurteils des LG Arnsberg vom 30.9.2009 zugesprochenen 1.278,23 EUR weitere 1.278,23 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.8.2009 zu zahlen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 95 % und der Beklagte zu 5 %; die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für die Berufung: 42.189,53 EUR
Gründe
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus dem Tatbestand der Insolvenzanfechtung gem. § 135 Abs. 2 InsO.
Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer und ist alleiniger Gesellschafter der T GmbH, über deren Vermögen am 1.2.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Das Stammkapital der 1991 gegründeten Gesellschaft betrug zunächst 50.000,-DM; eine Stammeinlage i.H.v. 45.000,-DM übernahmen der Vater und eine solche i.H.v. 5.000,-DM die Ehefrau des Beklagten. Der Beklagte erwarb die Geschäftsanteile im Zeitraum 1994/1995. Das Stammkapital wurde im Jahre 2000 auf 250.000,-DM erhöht. Im Alleineigentum des Beklagten stehen verschiedene Immobilien in C und in H. An diesen Grundstücken bestellte er der Sparkasse T3 Grundschulden zur Sicherung der der Gesellschaft gewährten Kredite. Der Gesamtbetrag der Grundschulden belief sich nach dem insoweit nicht angegriffenen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils auf 977.389,- EUR. Überdies hatte die Sparkasse Sicherungseigentum an mehreren Fahrzeugen der Insolvenzschuldnerin. Der Kläger verwertete die Fahrzeuge gem. § 166 InsO; die Sparkasse erhielt einen Betrag i.H.v. 42.189,53 EUR ausgezahlt.
Nachdem der Kläger den Beklagten vorprozessual mehrmals erfolglos aufgefordert hatte, Nachweise über die Einzahlung des Stammkapitals zu erbringen, hat er ihn erstinstanzlich zunächst auf Zahlung der Stammeinlage i.H.v. 50.000,-DM (25.564,59 EUR) unter Vorbehalt der Erweiterung der Klage in Anspruch genommen und dementsprechend beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 25.564,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.8.2009 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Forderung i.H.v. 2.500,-DM (1.278,23 EUR) anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte, dessen Anerkenntnis sich auf die 2. Hälfte der Stammeinlage von 5.000,-DM bezieht, hat behauptet, die ersten 2.500,-DM seien gezahlt worden; er hat sich insoweit auf Verjährung berufen. Bezüglich der Stammeinlage von 45.000,-DM hat er auf § 3 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags verwiesen, wonach diese Stammeinlage durch Einbringung eines Lkw und eines Anhängers erfolge; die der Gesellschaft überlassenen Fahrzeuge hätten ausweislich eines seinerzeit erstellten Gutachtens den entsprechenden Wert aufgewiesen.
Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 30.9.2009 hat das LG dem Kläger einen Betrag von 1.278,23 EUR zugesprochen.
Der Kläger hat die Klage bezüglich des auf die Stammeinlage von 45.000,-DM gestützten Zahlungsanspruchs nach Vorlage des Wertgutachtens betreffend die im Wege der Sacheinlage eingebrachte...