Entscheidungsstichwort (Thema)

Sittenwidriger Ehevertrag bei vollständigem Ausschluss nachehelicher Rechte

 

Leitsatz (redaktionell)

Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages, durch den sämtliche nachehelichen Rechte ohne abmildernde Regelung vollständig ausgeschlossen werden

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen 47 F 2/07)

 

Tenor

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 17.10.2007 verkündete Zwischenurteil des AG Recklinghausen wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil des AG Bezug genommen.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verteidigt der Antragsgegner unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages weiterhin den zwischen ihm und der Antragstellerin am 20.9.1990 geschlossenen Ehevertrag. Er ist der Ansicht, dass das AG die im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB gebotene Gesamtwürdigung nicht vorgenommen und die damalige wirtschaftliche Situation der Parteien unzutreffend gewürdigt habe. Lediglich seine Mutter habe damals für ihn als Vollzeitbeschäftigte gearbeitet. Daneben habe er stundenweise auf zwei Aushilfen zurückgegriffen. Erst kurz vor dem Abschluss des Ehevertrages habe er zum 1.5.1990 einen weiteren Mitarbeiter fest eingestellt. Wegen seines nur geringen Einkommens habe er sich damals noch keine eigene Wohnung leisten können und deshalb bei seinen Eltern gewohnt. Das Haus habe er im Jahre 1990/1991 nur durch Erbringung erheblicher Eigenleistungen und mit Hilfe von Darlehen aus dem Familienkreis errichten können. Außerdem sei zugunsten der finanzierenden Bank auf dem gekauften Grundstück eine Grundschuld über 150.000 DM eingetragen worden. Im Verhältnis dazu hätte sich die Antragstellerin sogar in einer gefestigteren wirtschaftlichen Situation befunden. Sie hätte die Betreuung des Kindes auch anderweitig sicherstellen und wieder bei ihrem früheren Arbeitgeber X arbeiten können. Weiter meint der Antragsgegner, dass durch den Ehevertrag auch keine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragstellerin vorgenommen worden sei. Es sei von vornherein geplant gewesen, dass die Antragstellerin später in seinem Betrieb mitarbeiten sollte. Sie sei auch - unstreitig - von August 1991 bis Mai 1992 und dann wieder ab Januar 2003 vollschichtig in seinem Betrieb beschäftigt gewesen und habe dadurch Rentenanwartschaften erworben. Die Parteien hätten sich bei Abschluss des Ehevertrages nicht in einer ungleichen Verhandlungsposition befunden. Er habe - so behauptet er - den Vertragstext des Ehevertrages mit nach Hause genommen und der Antragstellerin übergeben, die ihn dann auch gelesen habe. Der Ehevertrag sei für sie ohne weiteres verständlich gewesen, zumal sie ihm aufgrund ihrer besseren Schul- und Berufsausbildung seinerzeit sogar intellektuell überlegen gewesen sei. Sein Interesse, das Firmenvermögen vor den Folgen einer Ehescheidung zu schützen, sei legitim gewesen. Außerdem habe das AG unberücksichtigt gelassen, dass er mit dem Ehevertrag die Antragstellerin auch für den Fall einer etwaigen Pleite seiner Firma vor einer Mithaftung habe schützen wollen. Es sei ihm nicht darum gegangen, die Antragstellerin nach einer Scheidung mit leeren Händen dastehen zu lassen.

Der Antragsgegner beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des AG Recklinghausen vom 17.10.2007 - 47 2/07 GÜ/VA/UE, die Klage abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Ansicht, dass die im Ehevertrag getroffenen Regelungen einen massiven Eingriff in den Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts beinhalten, der die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages bereits indiziere. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages sei noch nicht absehbar gewesen, dass sie später im Laufe der Ehe eine vollschichtige Berufstätigkeit aufnehmen würde, die ihr gesetzliche Rentenansprüche sichern würde. Außerdem sei aufgrund der damaligen Planung der Parteien, wonach sie sich der Kinderbetreuung widmen sollte, bereits bei Abschluss des Ehevertrages zu erwarten gewesen, dass - neben dem Ausschluss des Betreuungsunterhaltes - auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs zu ihren Lasten gehen werde. Sie habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein nennenswertes Vermögen gehabt, wohingegen der Antragsgegner über nicht unerhebliches Vermögen verfügt habe, wie schon der Gegenstandswert des Ehevertrages verdeutliche. Der Antragsgegner habe schon damals neben seiner Mutter und einem weiteren festangestellten Mitarbeiter drei bis fünf Aushilfen beschäftigt. Er habe - so behauptet sie - beim Erwerb des Hauses von der Bank ohne Gestellung einer Sicherheit ein Darlehen über 150.000 DM erhalten. Dem Antragsgegner sei es allein darum gegangen, dass er ...

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