Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung der Risikoprüfungsobliegenheit an Versicherer
Normenkette
VVG § 16 ff.; BGB § 123
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 12 O 29/98) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.8.1998 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung und der Revision werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Bestand einer Berufsunfähigkeitsversicherung, konkret um die Frage, ob eine von der Beklagten erklärte Arglistanfechtung wirksam ist.
Am 12.12.1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Versicherungsbeginn sollte Februar 1994 sein. Die Beklagte sollte aus der Versicherung ab dem 1.12.2019 eine monatliche Altersrente i.H.v. 485,10 DM zahlen oder wahlweise eine einmalige Kapitalabfindung i.H.v. 89.882 DM. Im Falle der Berufsunfähigkeit sollte keine eigenständige Rente gezahlt werden, sondern als Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung war nur die Beitragsbefreiung aus der Hauptversicherung vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 12.1.1994, Bl. 4 d.A. und die Ablichtung des Antragsformulars, Bl. 30 f. d.A., verwiesen. Mit Schreiben vom 23.1.1997 machte der Kläger bei der Beklagten „vorsorglich” Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, nachdem er einen Autounfall erlitten hatte. Die Beklagte ist aufgrund dieses Schreibens in die Leistungsprüfung eingetreten. Im Rahmen dieser Prüfung hat sie festgestellt, dass der Kläger in der Zeit von Juni bis November 1993 wegen Wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig gewesen war und sich vom 3. bis zum 12.9.1993 wegen einer Lumboischialgie in stationärer Behandlung befunden hatte. Dazu fanden sich im Antragsformular vom 12.12.1993 aber keine Angaben. Die Beklagte nahm dies zum Anlass, mit Schreiben vom 1.7.1997 ggü. dem Kläger die Anfechtung des Vertrages über die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen arglistiger Täuschung zu erklären. Gegen die Wirksamkeit dieser Anfechtung wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage. Er behauptet, den antragsaufnehmenden Agenten bei der Aufnahme des Versicherungsantrags über seine gesundheitlichen Verhältnisse vollständig und zutreffend informiert zu haben. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Anfechtung des Versicherungsvertrages erklärt (§§ 123 BGB, 22 VVG), denn nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die Agenten der Beklagten nicht zutreffend informiert hat. Insbesondere steht fest, dass er trotz entsprechender Fragen den Krankenhausaufenthalt und die 5-monatige Krankschreibung verschwiegen hat.
Das Antragsformular enthält mehrere Gesundheitsfragen, u.a. die Frage Nr. 5 und Nr. 11. Diese lauten:
5. Leiden oder litten sie an Krankheiten oder Beschwerden … der Knochen, Gelenke, Wirbelsäule …”
11. Sind sie in den letzten 5 Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden?”
Bei der Frage Nr. 5 ist die Alt. „nein” angekreuzt, bei der Frage Nr. 10 die Alt. „ja”, was handschriftlich wie folgt ergänzt wurde: „Blinddarm, Bänderriss 1982 6 Wochen; Routine OB”.
Diese Antworten sind definitiv falsch, weil zumindest unvollständig. Erfragt waren auch die Wirbelsäulenbeschwerden sowie der ihretwegen erforderlich gewordene Krankenhausaufenthalt mit entsprechender ärztlicher Behandlung. Auch nach Darstellung des Klägers selbst im Senatstermin sind ihm die Fragen vorgelesen und deshalb auch zur Kenntnis gebracht worden. Seine Angabe, er habe auch den Krankenhausaufenthalt und die Krankschreibung ggü. dem antragsaufnehmenden Agenten angegeben, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Senatstermin widerlegt. Insbesondere der Agent F. hat glaubhaft dargelegt, dass er als langjährig erfahrener Agent derartigen Angaben gerade im Rahmen von Antragsaufnahmen betreffend Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen erhebliche Bedeutung beimesse und er derartige Angaben, wären sie ihm gemacht worden, sicher aufgenommen hätte. Der Senat hat keinen Anlass, den Angaben des Zeugen keinen Glauben zu schenken, und ist seiner Aussage gefolgt. Insoweit ist hervorzuheben, dass der Zeuge mit dem Kläger gut bekannt und ihm auch im Senatstermin durchaus wohl gesonnen gewesen ist. An seiner Glaubwürdigkeit bestehen keinerlei begründete Zweifel.
Dass es sich bei Rückenbeschwerden, erst recht, wenn, wie hier, ausdrücklich danach gefragt wurde, sowie bei dem erst wenige Wochen zurückliegenden Krankenhausaufenthalt im Bereich der BU-Versicherung um gefahrerhebliche Umstände gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung.
Wegen der zeitlichen Nähe dieser Behandlung zum Antrag hat der Senat auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger die falschen Angaben gemacht bzw. Krankenhausaufenthalt und Arbeitsun...