Leitsatz (amtlich)
Zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag über ein Gebrauchtfahrzeug.
Normenkette
BGB §§ 434, 346-347; ZPO § 96
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 06.09.2016; Aktenzeichen 12 O 265/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.09.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.589,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.03.2014 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübereignung des C. Limousine mit der Fahrgesellnummer WBANX.CT.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des vorstehend bezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechts-anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten - der Rechtsanwälte U? W? G, L-Str. ...-... in ... F, in Höhe von 1.029,35 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem beklagten Kfz-Händler die Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ C.
Anfang 2014 bot der Beklagte dieses Fahrzeug mit Erstzulassung vom 11.06.2007 und km-Stand von 169.000 zum Verkauf an.
Der Kläger nahm eine Fahrzeugbesichtigung vor und fand Gefallen an dem PKW. Allerdings sollte zunächst noch eine Fahrzeugaufbereitung vorgenommen werden. Deshalb verblieb der C zunächst beim Beklagten und wurde von ihm am 26.02.2014 beim Kläger angeliefert.
Bei dieser Gelegenheit wurde vom Beklagten ein Vertrags- bzw. Rechnungsvordruck vorgelegt, der verschiedene Angaben zu dem Fahrzeug enthielt und den Kaufpreis mit 13.400,00 EUR angab. Wegen eines Kratzers wurde der Preis einvernehmlich um 100,00 EUR herabgesetzt. Ferner wurde angesprochen, ob der C Unfallschäden aufwies. Der Beklagte ergänzte daraufhin den Vordruck durch den handschriftlichen Zusatz "unfallfrei". Anschließend erfolgte die Übergabe.
Kurze Zeit später wurde dem Kläger bei einer B-Gebrauchtwagenuntersuchung mitgeteilt, dass der C Unfallspuren aufweise.
Deshalb ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 13.03.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.
Nachdem der Beklagte darauf nicht einging, hat der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung von 13.400,00 EUR Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs anhängig gemacht und darüber hinaus die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.416,10 EUR verlangt. Soweit der Beklagte eine Nutzungsentschädigung verlangen könne, werde die Aufrechnung erklärt mit einem Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen. Bei einem Kfz-Händler sei insofern von einem Anlagezins in Höhe von 4 % des Kaufpreises auszugehen.
Der Beklagte hat sich dagegen darauf berufen, dass er dem Kläger das Fahrzeug zum Export verkauft habe; deshalb sei mündlich die Gewährleistung ausgeschlossen worden. Außerdem habe der C einen altersgerechten Zustand gehabt. Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass es sich um einen Unfallwagen handelt. Der Zusatz "unfallfrei" auf dem Vordruck sei so zu verstehen gewesen, dass das Fahrzeug in seiner Besitzzeit keinen Unfall erlitten habe, was auch zutreffend sei. Hilfsweise hat der Beklagte einen Abzug für die Nutzungsentschädigung geltend gemacht.
Das LG hat zur Feststellung des Vertragsinhalts mehrere Zeugen vernommen und den Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. Q mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Unfalleigenschaft beauftragt.
Das LG hat den Beklagten am 06.09.2016 verurteilt, an den Kläger 6.847,59 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW zu zahlen. Ferner wurde der Annahmeverzug des Beklagten festgestellt und dem Kläger ein auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.029,35 EUR bezogener Freistellungs-anspruch zuerkannt.
Das LG hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt gewesen sei, weil der von ihm erworbene C. mangelhaft gewesen sei. Das Fahrzeug habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der vereinbarten Beschaffenheit "unfallfrei" entsprochen. Nach der Vermutungsregel des § 467 BGB sei davon auszugehen, dass der PKW bereits bei Übergabe mangelhaft gewesen sei. Von dem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 13.300,00 EUR müssten 7.557,33 EUR als Nutzungsentschädigung abgezogen werden. Dabei seien eine Gesamtlaufleistung von 300.000 km und eine vom Kläger zurückgelegte Laufleistung von 74.437 km zugrunde zu legen. Dem Kläger stehe andererseits ein Anspruch auf Erstattung von Nutzungen in Höhe von 4 % des Nettokaufpreises zu, das ergebe einen Betrag von 1.104,92 EUR.
Die in der ersten Instanz angefallenen Kosten hat das LG gegeneinander aufgehoben, dabei allerdings die durch Einholung des Sachverständigengutachtens angefallenen Kosten allein dem Beklag...