Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Spielbank bei Aufhebung einer Spielsperre
Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung der Spielbank bei Aufhebung einer Spielsperre gegenüber dem Spieler, der die Aufhebung verlangt hatte, und Angehörigen, die um Fortbestand der Sperre baten.
Normenkette
BGB § 276
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 4 O 529/00) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 15.12.2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Kläger übersteigt nicht 60.000 DM.
Gründe
Mit der Berufung wenden sich die Kläger gegen die Abweisung ihrer Klage auf Schadensersatz wegen Nichteinhaltung einer Spielsperre ihres Sohnes durch die Beklagte, eine Spielbank.
Die Berufung hat indes keinen Erfolg. Den Klägern steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.
A. I. 1. Ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung ist nicht gegeben, da ein Vertragspflichten begründendes Schuldverhältnis zwischen den Parteien nicht besteht. Es ist nicht mit dem Schreiben der Kläger vom 13.4.1999 einerseits und der Antwort der Beklagten vom 19.4.1999 andererseits zustande gekommen.
Das Schreiben der Kläger ist bereits kein Angebot auf Abschluss eines Vertrages; die Antwort der Beklagten stellt sich nicht als Annahme eines Angebots dar.
Mit ihrem Schreiben vom 13.4.1999 „bitten” die Kläger die Beklagte unter Hinweis auf die psychische und finanzielle Lage ihres Sohnes lediglich um „Kenntnisnahme”, dass er seine am 6.5.1998 erklärte Selbstsperre ohne ihre Zustimmung nicht aufheben dürfe. Das Schreiben der Kläger stellt sich also als unverbindliche Bitte um ein bestimmtes Geschäftsverhalten, nicht als eine auf die rechtsgeschäftliche Bindung der Beklagten zu einer bestimmten Verhaltensweise abzielende Willenserklärung dar. Es geht den Klägern nicht um die Wahrnehmung eigener Vermögensinteressen, zu der sie die Beklagte verpflichten wollten, sondern um eine Hilfeleistung der Beklagten zum Schutz ihres Sohnes vor sich selbst.
Wenn die Direktion der Beklagten deshalb unter dem 19.4.1999 mitteilt, dass die Selbstsperre des Sohnes zunächst bis zum 7.5.2005 eingetragen sei und sie vorgemerkt habe, dass eine Wiederzulassung zum Spiel nur mit der ausdrücklichen Genehmigung der Kläger erfolgen dürfe, so konnten die Kläger die positive Antwort der Beklagten nur als Annahme ihrer Bitte, nicht als rechtsverbindliche Annahme eines Vertragsangebots verstehen.
Für eine solche Erklärung gilt nichts anderes als für die von einem Kunden veranlasste Selbstsperre, hier des Sohnes der Kläger: Die Spielbank nimmt nach BGH NJW 1996, 248 eine Anregung oder Bitte des Kunden nur zum Anlass, eine Spielsperre zu erteilen, die sie sonst nicht ausgesprochen hätte. Eine Begründung von Rechten ist damit nicht verbunden.
Noch weniger als dem Kunden gegenüber hatte die Beklagte gegenüber den Klägern Veranlassung, eine Sorgfaltspflichten begründende Selbstbindung zum Vorteil des Sohnes einzugehen, für dessen Schutz sie nicht verantwortlich war (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 328 Rz. 17); die Kläger, die nicht Kunden der Beklagten waren und ohne Vollmacht ihres volljährigen Sohnes handelten, konnten nicht davon ausgehen, einen verbindlichen Anspruch auf Nichtaufhebung der Selbstsperre ihres Sohnes gegenüber der Beklagten ohne seine Zustimmung geltend zu machen; sie konnten die Antwort der Beklagten deshalb nur als unverbindliches Entgegenkommen aus Kulanz und/oder zur Vermeidung von den Geschäftsablauf störenden Auseinandersetzungen bewerten, auf dessen Verlässlichkeit sie keinen Anspruch herleiten konnten. Über diese allein angemessene Bewertung führt auch die Formulierung des Schreibens vom 19.4.1999, eine Wiederzulassung „dürfe” nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Kläger erfolgen, nicht hinaus.
2. Davon abgesehen hat eine Verletzung der im Schreiben zugesagten Verhaltensweise keinen Schaden zur Folge, der sonst nicht eingetreten wäre.
Selbst wenn man entgegen dem Bestreiten der Beklagten davon ausgeht, dass der Sohn in der Spielbank der Beklagten 37.000 DM am 8.11.1999 verspielt hat und dieses Geld aus einem ihm am 6.1. von den Klägern gegebenen Darlehn stammt, so fehlt ein durch die Nichteinhaltung einer Zusage hervorgerufener Schaden der Kläger.
Durch die Darlehnshingabe, durch die sie einen Vermögenswert weggaben, haben die Kläger einen Rückzahlungsanspruch gegen den Sohn erlangt. Dieser Rückzahlungsanspruch bezüglich des Darlehns ist durch das Verspielen der 37.000 DM nicht untergegangen. Auch ist nicht dargelegt oder ersichtlich, dass der Sohn nunmehr den Darlehnsanspruch nur wegen des Verspielens nicht mehr befriedigen kann.
3. Schließlich träfe die Kläger ein derart überwiegendes Mitverschulden, dass ein minderes Verschulden der Beklagten zurückträte: sie stellten ihrem, wie sie wussten, spielsüchtigen Sohn eine hohe Geldsumme zur Verfügung...