Verfahrensgang

LG Detmold (Urteil vom 24.06.2008; Aktenzeichen 1 O 558/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin zu 1 wird das am 24. Juni 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer I des Landgerichts Detmold abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 1 sämtliche vergangenen und zukünftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstanden sind und zukünftig entstehen werden, dass sie bei ihrer Geburt am 19.08.2002 eine auf Sauerstoffmangel beruhende geburtsassoziierte Asphyxie und daraus resultierende postasphyktische Enzephalopathie erlitten hat, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 1 sämtlichen derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entsteht, dass sie bei ihrer Geburt am 19.08.2000 eine auf Sauerstoffmangel beruhende geburtsassoziierte Asphyxie und daraus resultierende postasphyktische Enzephalopathie erlitten hat.

Die weitergehende Klage der Klägerin zu 2 bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden den Beklagten zu 97 % und der Klägerin zu 2 zu 3 % auferlegt.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2, die ihre Kosten selbst trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin zu 1 macht Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche aufgrund von behaupteten Fehlern anlässlich ihrer Geburt im Krankenhaus der Beklagten zu 1 geltend, in dem der Beklagte zu 2 als zuständiger Oberarzt mit ihrer Geburt und deren Vorbereitungsmaßnahmen befasst war.

Die Klägerin zu 2 war im Zeitpunkt der Schwangerschaft 31 Jahre alt und befand sich in der Behandlung ihrer Frauenärztin Frau Dr. H.. Auf deren Veranlassung stellte sie sich am 04.07.2000 in der Risikosprechstunde der Beklagten zu 1 vor, weil sie nach einer Sonographie eine Plazenta praevia partialis mit Verdacht auf Randsinusblutung annahm. In der Überweisung äußerte Frau Dr. H. den Verdacht auf eine Plazenta praevia marginalis mit Randsinusblutung. Der Beklagte zu 2 führte eine Ultraschalluntersuchung durch, bei der er eine Plazenta praevia marginalis ohne Anhaltspunkte für eine Blutung diagnostizierte. Als Lage kreuzte er die Rubrik „Hinterwand” mit einem gleichzeitigen Pfeil auf „Vorderwand” an. Er empfahl eine Spontangeburt bzw. eine sofortige stationäre Aufnahme bei Auffälligkeiten. Darüber hinaus wollte er die Klägerin zu 2 wegen der Placenta Migrationsverhältnisse nochmals untersuchen, so dass am 26.07.2000 eine weitere Ultraschalluntersuchung durchgeführt wurde. Vermerkt wurde ein geschätztes Geburtsgewicht von 3.200 g, die Plazenta als an der Hinterwand sitzend beschrieben und als „tiefer Sitz” bezeichnet. Darüber hinaus wurde als Befund vermerkt: „jetzt nur noch marginalis”. Eine erneute Untersuchung fand am 02.08.2000 statt, worüber jedoch kein Befundbericht mehr vorliegt. Sodann stellte sich die Klägerin zu 2 am 09.08.2000 ambulant in der Gynäkologie vor, wobei das fetale Gewicht auf 3.520 g geschätzt wurde und keine Besonderheiten festgestellt wurden. Die Plazenta wurde als an der Vorderwand liegend beschrieben. Als die Klägerin am Folgetag über Übelkeit, Erbrechen und Schwindelgefühle klagte, wurde sie bei der Beklagten zu 1 stationär aufgenommen. Die beeinträchtigenden Symptome konnten gelindert werden. Im Rahmen der geburtshilflichen Anamnese ergab sich ein rechnerischer Geburtstermin zum 05.08.2000. Bei der Ultraschalluntersuchung vom 10.08.2000 wurde ein Geburtsgewicht von 3.296 g angenommen und die Plazenta wiederum als an der Hinterwand liegend beschrieben. Die Rubrik „praevia” war wie in sämtlichen anderen bereits vorliegenden Ultraschallbefunden nicht angekreuzt. Da das CTG unauffällig war, wurde die Klägerin am 11.08.2000 entlassen, aber zum 14.08.2000 wegen der Tragezeitüberschreitung wiederaufgenommen. Es folgte sodann eine medikamentöse Geburtseinleitung. Am Folgetag lag jedoch immer noch ein unreifer Tastbefund vor, so dass mit der medikamentösen Geburtseinleitung begonnen wurde. Diese wurde dann am 17.08.2000 wiederholt. Die durchgeführten CTG's waren jeweils unauffällig. Am Folgetag wurde mit der Prostaglandinbehandlung pausiert. In den Abendstunden kam es bei der Klägerin zu 2 nach einem Toilettengang zu einer periodenstarken vaginalen Blutung, so dass sie zunächst in den Kreißsaal verbr...

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