Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführende Werbung: Verstoß gegen das Transparenzgebot bei Rabattangaben im Rahmen von Verkaufsförderungsmaßnahmen - Hörgeräte
Leitsatz (amtlich)
Bei der Beurteilung der Klarheit und Eindeutigkeit von Rabattangaben in Verkaufsförderungsmaßnahmen gem. § 4 Nr. 4 UWG ist zu prüfen, ob die Angaben so gestaltet sind, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der das Geschehen mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, erkennen kann, welche Bedingungen im Einzelfall gelten. Nach den hierbei zu berücksichtigenden Grundsätzen der Blickfangwerbung dürfen blickfangmäßig herausgestellte Angaben für sich genommen nicht unrichtig oder auch nur für den Verkehr missverständlich sein. Eine die erforderliche Eindeutigkeit der Aussage wiederherstellende Aufklärung kann auch durch einen in den Blickfang einbezogenen, klaren und unmissverständlichen Sternchen-Hinweis erfolgen. Die Werbung verstößt in ihrer Ausgestaltung gegen diese Grundsätze, wenn bei einer Rabattzusage nicht klar und eindeutig geregelt ist, welche Produkte (hier: Hörgeräte) im Einzelnen von dem Rabatt betroffen sind.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 4, § 12 Abs. 1 S. 2, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 28.10.2010) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.10.2010 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Münster wird zurückgewiesen, soweit die Klage nicht zurückgenommen worden ist.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 35.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten geltend. Die Klägerin betreibt in S ein Fachgeschäft für Hörgeräteakustik. Betriebsgegenstand der Beklagten ist ebenfalls die Hörgeräteakustik u.a. mit einer Filiale in S.
Die Beklagte warb für ihre Produkte mit dem im erstinstanzlichen Klageantrag abgebildeten Flyer, der Teil eines Gutscheinhefts war:
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, mit dieser Werbung verstoße die Beklagte gegen die Vorschriften des UWG, gegen die PreisAngV und auch gegen das HWG. Die Werbeaussage sei irreführend und auch objektiv unrichtig. Die Bezugsgröße des angeblich gewährten 50- %igen Rabatts sei für potentielle Kunden nicht zu erkennen, etwa ob sich dieser Rabatt auf den Eigenanteil oder den Endpreis beziehen solle. Nach der optischen Gestaltung sei auch der im Verhältnis zu klein gehaltene Sternchen-Hinweis nicht geeignet, die Blickfangwerbung hinreichend zu erläutern.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Hörgeräte wie folgt zu werben:... (nicht darstellbar)
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 911,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.7.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es fehle schon die Wiederholungsgefahr, da die Gültigkeitsdauer des beanstandeten Gutscheins bis zum 30.6.2010 befristet sei, sich die Werbung also erledigt habe. Außerdem habe sie weder gegen die nach ihrer Auffassung allein einschlägige Regelung in § 4 Nr. 4 UWG noch gegen § 5 UWG, die PreisAngV oder das HWG verstoßen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe der Klägerin gem. §§ 3, 4 Nr. 4, 8 UWG zu. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergebe sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Die Werbung der Beklagten sei unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 4 UWG, wonach im Wettbewerb unlauter handele, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angebe. Die Werbeaussage der Beklagten lasse nicht klar und eindeutig erkennen, worauf der 50-prozentige Rabatt gewährt werden solle. Die Bezugsgröße für den Rabatt werde dem Verbraucher nicht hinreichend klar erläutert. Es werde nicht klar herausgestellt, ob etwa der Endpreis oder die Eigenbeteiligung des Patienten gemeint sein sollten. Der mit einem Sternchen versehene kleingedruckte Erläuterungshinweis trete gegenüber der Blickfang-Aussage graphisch derart in den Hintergrund, dass dadurch eine eindeutige Information über dem Inhalt des Rabatts nicht mehr erreicht werden könne. Zudem sei dieser kleingedruckte Sternchen-Hinweis auch inhaltlich missverständlich formuliert. So werde das mit einem Sternchen versehene Wort "Rabatt" mit dem Hinweis "zzgl. 10 EUR gesetzlicher Zuzahlung pro Hörgerät" beschrieben. Dabei bleibe offen, ob der Rabatt auch diese Zuzahlung - für ei...