Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beweislastumkehr bei unterlassener Mammographie bei symptomloser Patientin
Leitsatz (amtlich)
1. Ein niedergelassener Gynäkologe, der bei einer 57-jährigen Patientin ohne besondere Risikofaktoren im Jahre 2000 keine Mammographie zur Krebsvorsorge im zweijährigen Intervall veranlasst, handelt (noch) nicht fehlerhaft.
2. Ein (unterstellt) fehlerhaftes Unterlassen einer Mammographie zur Krebsvorsorge führt nicht zu einer Beweislastumkehr nach den Grundsätzen der Verletzung der Befunderhebungs- und sicherungspflicht, wenn keine Symptome für eine Erkrankung vorliegen.
Normenkette
BGB §§ 823, 847 a.F.
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 01.10.2004; Aktenzeichen 1 O 418/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.10.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer I des LG Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die am 28.4.1942 geborene Klägerin verlangt von dem Beklagten, der sie bis Dezember 2000 als niedergelassener Gynäkologe behandelte, Schadensersatz mit dem Vorwurf, bei ihr unzureichende Krebs-Früherkennungsmaßnahmen durchgeführt und dadurch ein Mammakarzinom zu spät erkannt zu haben.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird zunächst gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Es hat dahinstehen lassen, ob die Behandlung des Beklagten fehlerhaft war und ausgeführt, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass ihr durch etwaige Fehler des Beklagten ein Schaden entstanden sei.
Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass das LG verkannt habe, dass ihr aufgrund eines Befunderhebungsversäumnisses Beweiserleichterungen hinsichtlich des Kausalitätsnachweises zugute kämen.
Sie wiederholt und vertieft zudem ihre Behauptung, dass die unterlassene Empfehlung zur Durchführung einer Mammographie einen groben Behandlungsfehler begründe. Der Beklagte habe einseitig im Frühjahr 2000 entschieden, keine Mammographie durchzuführen. Einem Rat des Beklagten hierzu wäre sie hingegen auch dann gefolgt, wenn sie die Kosten der Mammographie selbst hätte bezahlen müssen. Allerdings seien für die in den vorangegangenen Jahren durchgeführten Mammographien die Kosten stets von ihrer Krankenkasse übernommen worden, zumal sie aufgrund der Einnahme von Hormonpräparaten gegen ihre Wechseljahrbeschwerden als Risikopatientin für eine Brustkrebserkrankung eingestuft worden sei. Fehlerhaft sei auch der von dem Beklagten am 14.12.2000 erhobene Befund, ferner die jahrelange Verordnung von Hormonen. Durch das verspätete Entdecken des Tumors sei ihre Überlebensprognose verschlechtert worden. Daneben wäre selbst bei einer Entdeckung des Tumors erst am 19.10.2000 die daraufhin erforderliche Therapie weniger gravierend ausgefallen. Aufgrund der schließlich durchgeführten Chemotherapie habe sie eine Thrombose im linken Arm sowie eine Beeinträchtigung ihres venösen Systems erlitten.
Die Klägerin beantragt, das am 1.10.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer I des LG Detmold abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung: 20.000 DM) zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 23.5.2001.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin ausgeführt wird, dass ein Schaden bei der Klägerin nicht nachgewiesen sei. Er wiederholt und vertieft seine Behauptung, dass es im Behandlungszeitpunkt nicht dem guten fachärztlichen Standard entsprochen habe, ohne bestehende Verdachtsmomente, eine Mammographie durchzuführen. Ferner bezweifelt er die Qualifikation des Sachverständigen ... hinsichtlich der Beurteilung von Mammographien.
Der Senat hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Sachverständigen. Wegen der Ergebnisse der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 6.7.2005, wegen der Einzelheiten des Parteivortrages im Berufungsverfahren auf die in der Berufung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt erfolglos. Auch nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht ihr kein Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten gem. §§ 823, 847 BGB (a.F.) zu. Der Klägerin ist der Nachweis nicht gelungen, dass dem Beklagten ein Behandlungsfehler zur Last fällt, durch welchen eine frühzeitige Erkennung des sich bei ihr entwickelnden Mammakarzinoms unterblieb und sie daher eine intensivere Behandlung des Mammakarzinoms erdulden musste.
1. Die Behandlung des Beklagten bis zum Jahre 2000 war nicht fehlerhaft. Insbesondere wurde von ihm die Mammographie vom 29.5.1998 nicht falsch befundet. Die entsprechende Feststellung des LG nimmt die Berufung hin.
2. Soweit die Klägerin den Beklagten vorwirft, im Früh...