Leitsatz (amtlich)
Ist das behauptete berührungslose Unfallgeschehen im Rahmen einer von einem Verkehrsanalytiker dargestellten Zeit-Wege-Betrachtung völlig unplausibel, weil danach feststeht, dass der Entschluss zum Ausweichen zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, in dem das entgegenkommende Fahrzeug infolge des Straßenverlaufs noch gar nicht zu erkennen war, spricht nichts für einen berührungslosen Unfall.
Normenkette
StVG § 7; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 12 O 256/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 02.08.2019 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 20.322,40 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 04.12.2014 auf der Astraße in B ereignet haben soll.
Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge C, fuhr am Unfalltag gegen 21.05 Uhr mit dem D, der im Eigentum seiner Ehefrau stehen soll, die Astraße entlang. In Gegenrichtung fuhr die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw E ebenfalls auf der Astraße. Der Zeuge C steuerte sodann sein Fahrzeug in das am rechten Fahrbahnrand geparkte Fahrzeug F der Zeugin G. Beide Fahrzeuge wurden erheblich beschädigt.
Mit der Klage hat die Klägerin Nettoreparaturkosten in Höhe von 14.134,09 Euro, die tatsächlich gezahlte Mehrwertsteuer in Höhe von 2.075,59 Euro, Sachverständigenkosten in Höhe von 1.432,40 Euro, bereits an die Firma H gezahlte Mietwagenkosten in Höhe von 2.300,00 Euro sowie Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 547,62 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 525,98 Euro begehrt.
Hierzu hat sie behauptet, sie sei Eigentümerin des beschädigten D. Die Beklagte zu 1) sei zum Unfallzeitpunkt mit ihrem Fahrzeug aus Unachtsamkeit auf die Gegenspur gelangt mit der Folge, dass ihr Ehemann, der Zeuge C, nach rechts habe ausweichen müssen und mit dem am rechten Fahrbahnrand geparkten Fahrzeug der Zeugin G kollidiert sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 16.209,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1.432,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung an sie zu zahlen;
3. die Beklagten zu verurteilen, Mietwagenkosten in Höhe von 2.300,00 Euro an sie zu zahlen und sie von restlichen Mietwagenkosten der Firma H in Höhe von 547,62 Euro freizustellen;
4. die Beklagten zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 525,98 Euro freizustellen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben sowohl das Eigentum der Klägerin an dem beschädigten Fahrzeug als auch ein normales Unfallereignis bestritten und eine Vielzahl von Indizien benannt, die für ein manipuliertes Unfallgeschehen sprächen. Gleichzeitig haben sie auch die Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Mietfahrzeugs bestritten.
Das Landgericht hat die Klägerin und die Beklagte zu 1) angehört und die Zeugen C, I, J und K G vernommen und ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen L zu der Frage eingeholt, ob sämtliche in der Reparaturrechnung G enthaltenen Positionen auf die streitgegenständliche Kollision des Fahrzeugs der Klägerin mit dem Drittfahrzeug zurückzuführen seien und ob die Reparatur des Fahrzeugs der Klägerin sach- und fachgerecht durchgeführt worden sei. Sodann hat es der Klage im Wesentlichen - bis auf Reparaturkosten in Höhe von 167,31 Euro - mit der angefochtenen Entscheidung stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es sei aufgrund der Haltereigenschaft der Klägerin sowie ihrer informatorischen Anhörung im Termin vom 30.06.2016 von ihrem Eigentum an dem beschädigten Fahrzeug überzeugt. Der Unfall habe sich auch beim Betrieb des Fahrzeugs der Beklagten zu 1) ereignet. Der von der Klägerin vorgetragene Unfallhergang sei von den Zeugen C und I überzeugend bestätigt worden. Kleinere Widersprüche in den Schilderungen könnten die grundsätzliche Glaubhaftigkeit der Aussagen nicht beeinträchtigen. Auch die Beklagte zu 1) selbst bestätige den Unfallhergang und habe ihr Abkommen von ihrer Fahrspur damit begründet, dass sie kurz vor dem Unfall mit dem CD-Spieler am Autoradio beschäftigt gewesen sei. Auch nach den Ausführungen des Sachverständigen L in seinem Gutachten und seiner mündlichen Erläuterung seien nahezu alle festgestellten Schäden auf das von der ...