Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Kaskoversicherung: Rechtsstellung des VN/Leasingnehmers
Leitsatz (amtlich)
Zur Person des Forderungsinhabers und zur Verfügungsbefugnis bei der Kfz-Kaskoversicherung eines Leasingnehmers:
Ist der Kfz-Kasko-Versicherungsnehmer nicht Eigentümer des Fahrzeugs, sondern Leasingnehmer, so kann er nach vollständiger und ordnungsgemäßer Reparatur trotzdem Inhaber des Anspruchs gegen den Versicherer und verfügungsbefugt sein.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 11 O 188/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 5. Dezember 2017 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.976,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.07.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Das klagende Autohaus macht im Einziehungsprozess gepfändete und überwiesene Ansprüche des Versicherungsnehmers nach einem Kfz-Unfall gegen den beklagten Vollkaskoversicherer geltend. Zudem stützt sich die Klägerin auf eine ihr als Reparateur vor Pfändung und Überweisung unmittelbar erteilte, von der Beklagten bestrittene Regulierungszusage.
Die Beklagte wendet bezüglich des gepfändeten und überwiesenen Anspruchs fehlende Aktivlegitimation ein. Die Pfändung gehe ins Leere, da es sich um eine Fremdversicherung (Leasing) gehandelt habe, dem Versicherungsnehmer mithin die Berechtigung fehlte, und die Beklagte zum Zeitpunkt der Pfändung ohnedies bereits wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung leistungsfrei gewesen sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin nicht das Eigentum des Versicherungsnehmers am Fahrzeug dargelegt habe und die Pfändung der Klägerin damit ins Leere gegangen sei. Auch eine Regulierungszusage habe die Klägerin im Rahmen der erfolgten Beweisaufnahme nicht beweisen können.
Bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vortrages, der Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Landgerichts (GA 174-180) verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts sowie Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht rügt und ihr erstinstanzliches Klagebegehren - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - weiterverfolgt.
Der Versicherungsnehmer sei zumindest als Eigentümer anzusehen (§ 1006 Abs. 1 BGB). Zudem habe das Landgericht die Beweise unzutreffend gewürdigt, vor allem aber das Schreiben der Fa. X missachtet.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.976,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Zustellung ist erfolgt am 27.07.2016) zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 502,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragstellung zu zahlen;
hilfsweise das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Klage ist bezüglich der Hauptforderung nebst Rechtshängigkeitszinsen begründet, bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen unbegründet.
1. Die Klage ist bezüglich der Hauptforderung in tenorierter Höhe begründet, da die Klägerin ein Einziehungsrecht an der gepfändeten und überwiesenen Forderung im Sinne der §§ 835, 836 ZPO hat.
Es liegt eine wirksame Pfändung und Überweisung der Forderung des Versicherungsnehmers als Vollstreckungsschuldner gegen die Beklagte als Drittschuldner vor. Nichtigkeitsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Beklagten als Drittschuldner kommen keine Schuldnerschutzvorschriften, die zum Erlöschen der gepfändeten und überwiesenen Forderung nach der Pfändung führen, zu Gute. Solche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die gepfändete und überwiesene Forderung, hier aus § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag sowie mit A.2.3.2, A.2.7.1 AKB, bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich und ist nicht erloschen.
a) Der Versicherungsnehmer als Vollstreckungsschuldner war im Zeitpunkt der Pfändung und Überweisung bezüglich des geltend gemachten Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag Forderungsinhaber.
Der Versicherungsnehmer muss dafür entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts nicht Eigentümer des versicherten Fahrzeugs sein.
Sowohl das Gesetz in §§ 43 ff. VVG als auch die Versicherungsbedingungen der Beklagten, beispielsweise unte...