Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich eine Zwangsvollstreckungssache in der Hauptsache erledigt, kann der Schuldner den Erlass einer Kostengrundentscheidung betreiben; wird diese abgelehnt, steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu, an der er nicht durch § 99 Abs. 1 ZPO gehindert ist.
2. Die Kosten des Verfahrens auf Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Titels fallen unter § 788 ZPO und sind grundsätzlich vom Schuldner zu tragen, wenn nicht die Erforderlichkeit der Erteilung vom Gläubiger zu vertreten ist.
3. Das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nach § 733 ZPO duldet keine Einwendungen, die sich gegen den vollstreckbaren Anspruch selbst richten.
Verfahrensgang
AG Mosbach (Beschluss vom 10.09.2003; Aktenzeichen 2 F 517/00) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Mosbach vom 10.9.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 600 Euro
Gründe
Der Gläubiger war Gläubiger des am 19.6.2002 vor dem OLG Karlsruhe geschlossenen Vergleichs 16 UF 102/01, in dem sich die Schuldnerin u.a. verpflichtet hatte, einen Unterhaltsrückstand von November 2000 bis Mai 2002 i.H.v. 4.562,44 Euro zu zahlen. Hierauf sollten die seit Oktober 2001 erfolgten Pfändungen, wohl aufgrund des erstinstanzlichen Urteils des AG Mosbach vom 30.4.2001 (AG Mosbach, Urt. v. 30.4.2001 - 2 F 517/00) angerechnet werden. Dem Gläubiger wurde am 4.7.2002 eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Diese ließ er mit Schreiben vom 22.7.2002 an Rechtsanwalt P., S., von Anwalt zu Anwalt zustellen. Rechtsanwalt P. nahm die Zustellung nicht an, gab aber auch die vollstreckbare Ausfertigung erst mit Schreiben vom 22.11.2002 zurück. In der Zwischenzeit hatte der Gläubiger eine weitere vollstreckbare Ausfertigung beantragt, diesen Antrag jedoch mit Schriftsatz vom 16.12.2002 für erledigt erklärt. Der Rechtspfleger beschloss am 25.3.2003:
"Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Antrag v. 12.9.2002 auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung als erledigt betrachtet wird.
Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens gilt § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO ..."
Eine Anwendung von § 788 Abs. 4 ZPO kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Aufzählung dort abschließend ist.
Ob entstandene Kosten auch notwendig waren, braucht - jedenfalls in diesem Verfahren - nicht entschieden zu werden.
Auf Erinnerung der Schuldnerin (als Beschwerde bezeichnet) beschloss der Familienrichter mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.9.2003 die als Erinnerung analog § 732 ZPO aufzufassende Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 25.3.2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
In den Gründen ist ausgeführt, dass vom Gläubiger zu tragende Zwangsvollstreckungskosten, die durch nicht notwendige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verursacht seien, nicht nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO beigetrieben werden könnten. Sie müssten im Festsetzungsverfahren gem. § 788 Abs. 2 ZPO oder in einem gesonderten Rechtsstreit geltend gemacht werden.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
I. Zulässigkeit:
Hat sich eine Zwangsvollstreckungssache, hier der Antrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung, vor der Entscheidung erledigt, kann der Schuldner, der den Standpunkt vertreten will, der Gläubiger habe die Kosten dieser Zwangsvollstreckungssache zu tragen, beantragen, dass eine Kostengrundentscheidung nach § 91 ZPO ergeht. Anerkannt ist, dass eine Kostenentscheidung erforderlich ist, wenn ein einen Vollstreckungsantrag zurückweisender Beschluss ergeht. Ohne eine solche Kostenentscheidung bliebe der erfolgreiche Schuldner mit den eigenen Kosten belastet, weil er sich im Kostenfestsetzungsverfahren oder bei der Beitreibung der Zwangsvollstreckungskosten nur dagegen wenden konnte, dass etwaige Gläubigerkosten nicht notwendig gewesen seien. Hinsichtlich seiner eigenen durch die nicht notwendigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verursachten Kosten hätte er ohne Kostengrundentscheidung keine Handhabe zur Erstattung. Dasselbe gilt dann, wenn sich eine Zwangsvollstreckungssache in der Hauptsache erledigt, weil auch in diesem Fall der Schuldner einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gläubiger haben kann (vgl. zu allem OLG Koblenz JurBüro 1982, 1897, teilweise wörtliches Zitat, m.w.N.). Das AG hat eine Kostenentscheidung ausdrücklich abgelehnt. Die Schuldnerin muss deshalb die Möglichkeit haben, eine solche im Beschwerdeverfahren zu erstreiten und ist daran nicht durch § 99 Abs. 1 ZPO gehindert (vgl. KG v. 23.1.1981 - 1 W 4587/80, Rpfleger 1981, 318 m.w.N.).
II. Die Kosten des Verfahrens auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung hat jedenfalls nicht der Gläubiger zu tragen. Es kann deshalb bei dem angefochtenen Beschluss, der eine Kostenentscheidung ablehnt, sein Bewenden haben.
Die Kosten des Verfahrens auf Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Titels fallen unter § 788 ZPO. Danach hat sie grundsätzlich...