Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen eine befristete Gewaltschutzanordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Verstoß gegen ein befristetes Unterlassungsgebot nach § 1 GewaltschutzG kann auch noch nach Fristende durch Verhängung eines Ordnungsgeldes geahndet werden, sofern der Verstoß innerhalb der Verbotsfrist erfolgt ist (entgegen OLG Celle, Beschl. v. 21.1.2013 - 21 WF 318/12, FamRZ 2013, 1758).

 

Verfahrensgang

AG Pforzheim (Beschluss vom 13.02.2015; Aktenzeichen 2 F 200/14)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Pforzheim vom 13.2.2015 - 2 F 200/14, dahingehend abgeändert, dass das gegen den Antragsgegner verhängte Ordnungsgeld auf 500 EUR herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Kosten beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft die Vollstreckung eines Unterlassungsgebotes nach dem Gewaltsschutzgesetz.

Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Pforzheim vom 24.6.2014 wurde dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung u.a. untersagt, sich in einem Umkreis von 100 m "der" (richtig wohl: um die) Wohnung des Antragstellers ohne vorherige Zustimmung aufzuhalten, sowie sich dem Antragsteller ohne vorherige Zustimmung auf weniger als 100 m zu nähern. Die Anordnung wurde befristet bis 24.12.2014. Die sofortige Wirksamkeit und die Zulässigkeit der Vollstreckung des Beschlusses vor der Zustellung an den Antragsgegner wurden angeordnet. Dem Antragsgegner wurde in dem Beschluss für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung von Ordnungsgeld, ersatzweise von Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, in jeweils bestimmter Höhe angedroht. Auf Antrag des Antragsgegners wurde vom AG eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Sodann wurde durch Beschluss vom 10.9.2014 die einstweilige Anordnung vom 24.6.2014 bestätigt sowie erneut die sofortige Wirksamkeit und die Zulässigkeit der Vollstreckung des Beschlusses vor der Zustellung an den Antragsgegner angeordnet. Der Beschluss wurde am 11.9.2014 an den Antragsgegner zugestellt. Im Rubrum beider Beschlüsse ist die Anschrift des Antragstellers zutreffend mit "A-Str. XY, Pforzheim" angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Beschlüsse Bezug genommen. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt.

Am 20.10.2014 betrat der Antragsgegner das Mehrfamilienhaus A-Str. XY in Pforzheim und hielt sich gegen Abend zu einem Zeitpunkt zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr jedenfalls vor der damaligen Wohnung des W. auf. Diese Wohnung befindet sich ein Geschoss unter der damaligen Wohnung des Antragstellers. Ob der Antragsgegner auch in die Wohnung des W. eingedrungen ist und hierbei gewaltsam das Türglas beschädigt hat, und ob der Antragsteller sich im maßgeblichen Zeitraum in der Wohnung des W. befand, blieb zwischen den Beteiligten streitig und wurde vom AG nicht abschließend geklärt.

Auf den Bestrafungsantrag des Antragstellers vom 21.10.2014 hat das AG - nach Beweisaufnahme - mit Beschluss vom 13.2.2015 gegen den Antragsgegner wegen einmaliger Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht, sich der Wohnung des Antragstellers auf einen Abstand von weniger als 100 m zu nähern, ein Ordnungsgeld von 1.000 EUR, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 EUR einen Tag Ordnungshaft, verhängt. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass offen bleiben könne, ob der Antragsgegner tatsächlich in die Wohnung des Herrn W. eingedrungen ist und ob der Antragsteller tatsächlich anwesend war. Denn der Antragsgegner habe sich jedenfalls vor der Wohnungstür des Herrn W. aufgehalten und sich damit der Wohnung des Antragstellers auf einen Abstand von weniger als 100 m genähert. Er habe auch schuldhaft gehandelt. Denn aufgrund der ergangenen Beschlüsse sei ihm die Adresse des Antragstellers bekannt gewesen. Er habe vorsätzlich gehandelt, indem er zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass er keine 100 m mehr von der Wohnung des Antragstellers entfernt sein würde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners. Er macht geltend, ein schuldhafter Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung sei nicht nachgewiesen. Zu Unrecht sei das AG davon ausgegangen, dass der Antragsgegner sich dem Antragsteller näher als 100 m genähert habe. Es könne dahinstehen, ob dem Antragsgegner aufgrund der ergangenen Beschlüsse oder sonstigen Schriftstücke die damalige Adresse des Antragstellers bekannt gewesen sei. Nicht nachgewiesen sei jedenfalls, dass der Antragsgegner zum damaligen Zeitpunkt Kenntnis von der Adresse des Antragstellers hatte und eine rechtswidrige Annäherung an den Antragsteller zumindest billigend in Kauf nahm. Aus dem Umstand, dass in einigen der Schriftstücke aus dem Verfahren die Adresse des Antragstellers aufgeführt ist, könne nicht zwingend gesc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge