Leitsatz (amtlich)

Der Beitritt zu einem selbständigen Beweisverfahren ist bedingungsfeindlich. Wohnungseigentümer können dem von der Eigentümergemeinschaft betriebenen Verfahren auch nicht hilfsweise für den Fall beitreten, dass die Gemeinschaft nicht befugt sein sollte, Mängel am Sondereigentum geltend zu machen.

 

Normenkette

ZPO §§ 66, 70-71, 485

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 27.07.2009; Aktenzeichen 3 OH 10/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen das Zwischenurteil des LG Baden-Baden - 3 OH 10/07 - vom 27.7.2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über den Beitritt zu einem selbständigen Beweisverfahren, das die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, seit August 2007 betreibt, um Baumängel an der von der Antragsgegnerin geteilten und veräußerten und von deren Streithelfern sanierten Wohnanlage feststellen zu lassen. Nachdem der Beweisbeschluss vom 21.1.2008 bereits mehrfach erweitert worden war, erklärten am 28.4.2009 zwölf Wohnungseigentümer ihren Beitritt zu dem Beweisverfahren, "soweit die Antragstellerin aus Rechtsgründen nicht bevollmächtigt und befugt sein sollte, Gewährleistungsansprüche am Sondereigentum der einzelnen Wohnungen geltend zu machen." Gleichzeitig beantragten sie ergänzende Feststellungen zu Mängeln ihres jeweiligen Sondereigentums. Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das LG die Nebenintervention durch Zwischenurteil vom 27.7.2009 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Wohnungseigentümer seien keine Dritten i.S.v. § 66 ZPO, weil sie nicht die Antragstellerin als Hauptpartei unterstützten, sondern ausschließlich eigene Anträge verfolgten. Gegen dieses am 29.7.2009 zugestellte Urteil hat die Antragstellerin am 5.8.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie erstrebt die Aufhebung des Urteils und macht geltend, der Beitritt sei nur fürsorglich für den Fall fehlender Prozessführungsbefugnis erklärt worden. Dieser Fall sei jedoch nicht eingetreten, weil sie grundsätzlich befugt und durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.4.2009 auch ermächtigt worden sei, als Prozessstandschafterin der Wohnungseigentümer Ansprüche wegen Mängeln des Sondereigentums geltend zu machen. Eine Entscheidung über den Beitritt sei daher nicht veranlasst.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 2 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin beschwerdebefugt, weil sie als unterstützte Hauptpartei ein eigenes Interesse an dem Beitritt der Nebenintervenienten hat und deshalb durch dessen Zurückweisung beschwert ist (h.M., vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 71 Rz. 6 m.w.N. auch für die Gegensansicht).

In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Das LG hat die Nebenintervention der Wohnungseigentümer im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Zutreffend hat das LG durch Zwischenurteil nach § 71 ZVG über den Antrag der Antragsgegnerin auf Zurückweisung der Nebenintervention entscheiden. Die Vorschriften über Nebenintervention und Streithilfe (§§ 66 ff. ZPO) sind im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden (BGH NJW 2009, 3240, 3241; NJW-RR 2006, 1312 f.). Das gilt auch für die Regelungen zum Zwischenstreit über die Nebenintervention in § 71 ZPO (so zutreffend LG Hannover, BauR 2009, 687, 688).

Entgegen der Auffassung des LG ist allerdings davon auszugehen, dass die das Sondereigentum betreffenden Anträge nicht nur für die beitretenden Wohnungseigentümer gestellt wurden, sondern zugleich für die - durch denselben Rechtsanwalt vertretene - Antragstellerin. Das wird in der Beitrittsschrift zwar nicht ausdrücklich klargestellt. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen darf eine Partei aber nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Erklärungen festgehalten werden. Vielmehr ist stets davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BGH NJW 2007, 769, 770). Danach sind die das Sondereigentum betreffenden Anträge auch und primär im Namen der Antragstellerin gestellt worden. Denn zum einen weist die Beschwerde zu Recht darauf hin, dass die Wohnungseigentümer dem selbständigen Beweisverfahren nach dem eindeutigen Wortlaut der Beitrittsschrift nur hilfsweise für den Fall beigetreten sind, dass die Antragstellerin nicht befugt sein sollte, Gewährleistungsansprüche am Sondereigentum geltend zu machen. Diese Bedingung setzt einen das Sondereigentum betreffenden Antrag der Antragstellerin voraus. Zum anderen ging es der Antragstellerin ersichtlich darum, das Beweisverfahren - dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.4.2009 entsprechend - zu erweitern, um die drohende Verjährung zu verhindern.

Die Nebenintervention hätte deshalb nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden dürfen, die Wohnungseigentümer verfolgten ausschließlich eigene Anträge (z...

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