Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Aktenzeichen 1 F 843/22) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 01.09.2022 (Az. 1 F 843/22) dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin ab Antragstellung ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird.
2. Für die erfolgreiche Beschwerde fällt eine Gebühr nicht an. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe in einem Abstammungsverfahren.
Mit Schreiben vom 08.07.2022 machte das Jugendamt als Beistand des Kindes M. N. ein Verfahren wegen Feststellung der Vaterschaft anhängig. In einem Begleitschreiben gleichen Datums wies der Beistand darauf hin, dass das Kind im hiesigen Verfahren nicht mit Verfahrenskosten belastet werden dürfe. Für den Fall, dass das dortige Gericht dieser Auffassung nicht folge, werde fürsorglich für das Kind die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Als Vertreter des Kindes werde von der Möglichkeit der vereinfachten Erklärung nach § 2 PKHFV Gebrauch gemacht. Nach Mitteilung der Mutter habe das Kind kein Einkommen und kein Vermögen. Der Lebensunterhalt werde durch die Mutter sichergestellt. Als gesetzlicher Vertreter habe das Jugendamt keine Kenntnis, über welche Einkünfte und Vermögensgegenstände die Mutter verfüge. Die Mutter sei jedoch mit Schreiben vom heutigen Tag aufgefordert worden, einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zu stellen. Die erforderlichen Angaben zur Prüfung eines möglichen Anspruchs des Kindes gegen diesen Elternteil mögen diesem Antrag entnommen werden. Gleichzeitig bat der Beistand, den Antrag alsbald zuzustellen.
Mit Verfügung vom 11.07.2022 hat das Amtsgericht die Zustellung des Antrags auf Feststellung der Vaterschaft veranlasst. Hinsichtlich der beantragten Verfahrenskostenhilfe hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch davon abhänge, ob das Kind gegen die Mutter einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss habe, da dieser Anspruch einzusetzendes Vermögen darstelle. Zu den persönlichen Angelegenheiten des Kindes im Sinne von 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB gehörten alle Familiensachen nach § 111 FamFG, mithin auch Abstammungssachen nach § 111 Nr. 3 FamFG. Es werde daher um Vorlage einer vollständig ausgefüllten Erklärung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Mutter gebeten.
Mit Beschluss vom 01.09.2022 hat das Amtsgericht den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter sei innerhalb der mit gerichtlichen Verfügungen vom 11.07.2022 und vom 04.08.2022 gesetzten (verlängerten) Frist nicht vorgelegt worden. Die Frage, ob dem Kind gegen seine Mutter ein Anspruch auf Gewährung eines Verfahrenskostenvorschusses zustehe, könne auf der Grundlage des gegenwärtigen Akteninhalts nicht geprüft werden.
Gegen den ihm am 23.09.2022 zugestellten Beschluss wendet sich das Jugendamt mit seiner am 18.10.2022 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Bei der VKH-Antragstellung sei von der Möglichkeit der vereinfachten Erklärung nach § 2 PKHFV Gebrauch gemacht worden. Hierzu sei erklärt worden, dass das Kind über kein Einkommen und Vermögen verfüge, dass der Lebensunterhalt durch die betreuende Mutter sichergestellt werde und dass darüber hinaus keine Kenntnisse vorhanden seien, über welche Einkünfte und Vermögensgegenstände die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 PKHFV bezeichneten Personen verfügten. Die Entscheidung des Amtsgerichts, die maßgeblich darauf abstelle, dass trotz Fristsetzung die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter nicht vorgelegt worden sei, könne keinen Bestand haben. Nach § 2 PKHFV sei das antragstellende Kind gerade von der Benutzung des VKH-Formulars befreit. Angaben zu Einnahmen und Vermögensgegenstände der Mutter seien entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nur zu machen, soweit der Antragsteller oder der Beistand hiervon Kenntnis hätten. Keinesfalls sei das Kind verpflichtet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mutter vorzulegen. Gleichwohl habe der Beistand als Vertreter des Kindes die Mutter aufgefordert, die Erklärung dem Gericht vorzulegen. Ob und wann die Mutter dies tue, könne weder das Kind noch der Beistand beeinflussen. Unabhängig davon habe die Mutter gegenüber dem Beistand am 16.09.2022 erklärt, die fehlende Erklärung umgehend dem Familiengericht vorzulegen.
Mit Beschluss vom 11.11.2022 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Aus den bereits dargelegten Gründen seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter auch im Rahmen der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Kind im Abstammungsverfahren zu prüfen. Eine vollständig ausgefüllte und mit den notwendigen Belegen versehene Erklärung der Mutter der Antragstellerin sei inne...