Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfügung einstweilige. Notunterhalt. Anrechnung Kindergeld. einstweiliger Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das der Kindesmutter und Antragstellerin (1629 Abs. 3 BGB) für das bei ihr lebende, minderjährige Kind gezahlte Landeserziehungsgeld von monatlich 400 DM beseitigt im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Kindesunterhalt (Notunterhalt gemäß 935, 940 ZPO) dessen Notlage weder teilweise noch ganz, weil es nach den Richtlinien zum Landeserziehungsgesetz der Kindesmutter zu deren Entlastung, nicht aber dem Kind als Einkommensersatz zusteht.

2. Das der Kindesmutter in diesem Fall zusätzlich gezahlte Kindergeld ist hälftig auf den Notunterhalt (Regelunterhalt) des Kindes anzurechnen, da es in diesem Umfang dessen Notbedarf mindert.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940; BGB §§ 1601, 1610 Abs. 3, 3 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Bruchsal (Beschluss vom 16.07.1997; Aktenzeichen 1 F 170/97)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Bruchsal vom 16.07.1997 (1 F 170/97) aufgehoben.

2. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, ab 01.07.1997 für die Dauer von sechs Monaten an die Antragstellerin für das Kind …, geboren am 25.09.1994, einen monatlichen Notunterhalt von 239,00 DM zu zahlen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last. Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Antragstellerin 47 %, der Antragsgegner 53 % zu tragen.

4. Der Beschwerdewert wird auf (239,00 DM × 6 =) 1.434,00 DM festgesetzt.

5. Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe für das einstweilige Verfügungsverfahren im Umfange eines Streitwert von (349,00 DM × 6 =) 2.058,00 DM unter Beiordnung von Rechtsanwalt Ulrich Pierro, Bruchsal, bewilligt. Im übrigen wird ihre Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin, getrenntlebende Ehefrau des Antragsgegners, hat mit Schriftsatz vom 26.06.1997 – beim Amtsgericht Bruchsal am 27.06.1997 eingegangen – beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von Notunterhalt für das in ihrer Obhut lebende ehegemeinsame Kind … geboren am 25.09.1994, für die Dauer von sechs Monaten in Höhe von monatlich 459,00 DM (349,00 DM Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle zuzüglich hälftigem Kindergeld, das bis zum 30.06.1997 dem Antragsgegner zufloß) zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 15.07.1997 reduzierte die Antragstellerin ihre Forderung auf 239,00 DM ab 01.07.1997 (349,00 DM abzüglich hälftigem Kindergeld), nachdem ihr seither das Kindergeld ausbezahlt wurde.

Mit Beschluß vom 16.07.1997 hat das Familiengericht den Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen, da ein Verfügungsgrund (Notlage) nicht glaubhaft gemacht worden sei. Gleichzeitig wurde die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt. Im übrigen wird auf den Inhalt dieses Beschlusses verwiesen.

Der hiergegen mit Schriftsatz vom 23.07.1997 erhobenen Beschwerde der Antragstellerin hat das Familiengericht mit Beschluß vom 01.08.1997 nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig und überwiegend begründet. Der Antragstellerin steht für das gemeinsame Kind Notunterhalt für die Dauer von sechs Monaten in der zuletzt beantragten Höhe von monatlich 239,00 DM zu.

Die Kindesmutter hat den Verfügungsgrund der Notlage, nämlich ein dringendes Bedürfnis für eine gerichtliche, vorläufige Regelung zur Vermeidung einer Notsituation (Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 68) hinreichend deutlich dargelegt und damit glaubhaft gemacht.

Das betroffene Kind Mike besitzt nach dem Vortrag seiner Mutter kein Einkommen und lebt von den Zuwendungen der Kindesmutter bzw. seiner Großeltern. Die Unterstützung durch nachrangig haftende Verwandte (Großeltern) beseitigt den Verfügungsgrund nicht (vgl. Senatsrechtsprechung, 2 WF 77/87, nicht veröffentlicht). Im übrigen wird die unterhaltsrechtliche Notlage durch freiwillige Leistungen Dritter zur Überbrückung der bestehenden Notlage nicht beseitigt (OLG Düsseldorf, FamRZ 93, 962).

Auch die Einkünfte der Antragstellerin, die lediglich Landeserziehungsgeld von monatlich 400,00 DM sowie das monatliche Kindergeld von 220,00 DM erhält und im übrigen Kost und Logis bei ihren Eltern hat, beseitigen die Notlage des Kindes nicht. Das Landeserziehungsgeld steht der Kindesmutter zu (vgl. Senatsurteil vom 18.04.1996 – 2 UF 307/95 –), nicht aber dem minderjährigen Kind. Das ergibt sich aus der Aufzählung der Anspruchsberechtigten in Nr. 3 der Richtlinien des Ministeriums für Familie, Frauen, Weiterbildung und Kunst Baden-Württemberg für die Gewährung von Landeserziehungsgeld (RLLErzG) in der Fassung der dritten Änderung vom 03. Juli 1995 – Az. 25-7432-1 –. Da somit das Erziehungsgeld der betreuenden Antragstellerin zusteht und ihre Erziehungstätigkeit honorieren soll, ist es auch nicht im Rahmen eines Kindesunterhaltsanspruchs, der im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht wird, bedarfsmindernd zu berücksichtigen, zumal sie dem Kind gegenüber auc...

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