Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsfähigkeit einer Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung
Leitsatz (amtlich)
1. Die in einem Vergleich von einem Bauunternehmer übernommene Verpflichtung, auf einem Grundstück "die ursprüngliche Böschung hinter der betonierten Stützmauer wiederherzustellen", ist nicht vollstreckungsfähig, wenn der ursprüngliche Zustand der Böschung im Text des Vergleichs nicht konkretisiert wird.
2. An der fehlenden Vollstreckungsfähigkeit eines Vergleichs ändert sich auch dadurch nichts, dass die unzulängliche Formulierung auf einem Vorschlag des Gerichts beruht.
Normenkette
ZPO § 887
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen 4 O 98/17) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 25.03.2019 - N 4 O 98/17 - wird zurückgewiesen.
2. Die Gläubiger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je 1/3.
Gründe
I. Die Schuldnerin hat im Jahr 2014 Baumaßnahmen auf einem Grundstück in D. ausgeführt. Im Zusammenhang mit diesen Baumaßnahmen veränderte die Schuldnerin auch die Böschung auf dem höher gelegenen Nachbargrundstück Am S. 6 in D.. Die Böschung weist seit den Arbeiten der Schuldnerin ein deutlich größeres Gefälle auf. Mit der Absicht, den Böschungshang zu stabilisieren, setzte die Schuldnerin eine größere Anzahl von Pflanztrögen auf dem Grundstück Am S. 6 in den Hang. Das Grundstück Am S. 6 in D. steht im Eigentum des Gläubigers Ziffer 1; das auf dem Grundstück befindliche Wohnhaus wird von dem Gläubiger Ziffer 1 und der Gläubigerin Ziffer 2 bewohnt.
Mit ihrer Klage vom 11.04.2017 hat die Schuldnerin gegen die Gläubiger einen Zahlungsanspruch in Höhe von 6.032,71 EUR nebst Zinsen geltend gemacht; die Gläubiger seien auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung zur Zahlung der Vergütung für das Setzen der Pflanztröge auf dem Grundstück Am S. 6 in D. verpflichtet.
Im Termin vom 11.04.2018 haben die Parteien vor dem Landgericht Konstanz einen Vergleich abgeschlossen. In diesem Vergleich hat die Schuldnerin auf ihre Vergütungsforderung gegen die Gläubiger verzichtet. Die Gläubiger Ziffer 1 und Ziffer 2 haben der Schuldnerin gleichzeitig erlaubt, "zum Zwecke des Rückbaus der Pflanztröge und zur Wiederherstellung der Böschung" ihr Grundstück Am S. 6 in D. zu betreten. Außerdem haben die Parteien in § 1 des Vergleiches vereinbart:
"Die Klägerin (Schuldnerin) verpflichtet sich, die streitgegenständlichen Pflanztröge auf dem Grundstück Am S. 6 in D. zu entfernen und die ursprüngliche Böschung hinter der betonierten Stützmauer wiederherzustellen. Dies hat bis spätestens 30.06.2018 zu erfolgen."
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.10.2018 haben die Gläubiger den folgenden Vollstreckungsantrag gestellt:
1. Die Gläubiger werden ermächtigt, die der Schuldnerin nach dem Protokoll vom 11.04.2018, Az: N 4 O 98/17 unter Ziffer 1 liegende vertretbare Handlung der Wiederherstellung der ursprünglichen Böschung hinter der betonierten Stützmauer auf dem Grundstück Am S. 6 in D. auf Kosten der Schuldnerin im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubiger oder einen von ihnen zu beauftragenden Dritten vornehmen zu lassen.
2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Schuldnerin wird verurteilt, an die Gläubiger, für die durch die nach § 1 vorzunehmende Wiederherstellung der Böschung entstehenden Kosten in Höhe von 29.308,76 EUR nebst 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 5.568,66 EUR, insgesamt 34.877,42 EUR nebst den Kosten für den Statiker in Höhe von 6.000,00 EUR nebst 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 1.140,00 EUR, insgesamt 7.140,00 EUR sowie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.144,62 EUR zu zahlen.
Zur Begründung haben die Gläubiger ausgeführt, die Schuldnerin sei ihrer Verpflichtung aus § 1 des Vergleichs vom 11.04.2018 nicht nachgekommen. Die ursprüngliche Böschung müsse neu hergestellt, gestützt und aufgefüllt werden. Nach der Stellungnahme eines inzwischen eingeschalteten Statikers und auf Grund eines vorliegenden Angebots sei für die im Wege der Ersatzvornahme durchzuführenden Arbeiten mit Kosten wie im Vollstreckungsantrag angegeben zu rechnen. Die Schuldnerin ist dem Vollstreckungsantrag entgegengetreten. Bei den von den Gläubigern beabsichtigten Maßnahmen gehe es nicht um eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, sondern um eine beabsichtigte Veränderung der Böschung. Insbesondere sei die Schuldnerin nach dem Vergleich nicht verpflichtet, eine zusätzliche Mauer herzustellen, welche in den von den Gläubigern vorgesehenen Maßnahmen enthalten sei.
Mit Beschluss vom 25.03.2019 hat das Landgericht den Vollstreckungsantrag zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Ermächtigung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO seien nicht gegeben. Der Vollstreckungsantrag der Gläubiger sei nicht hinreichend bestimmt. Denn die Maßnahmen, zu deren Ausführungen ermächtigt werden solle, seien im Antrag nicht so hinreichend und konkret bezeichnet worden, dass deren Erfüllungseignung feststehe. Es könne nicht dem Belieben der...