Leitsatz (amtlich)

1. Es steht der Bedürftigkeit für die Prozesskostenhilfebewilligung nicht entgegen, wenn die Partei den Erlös aus einem Hausverkauf dazu verwendet, den zur Finanzierung des Hauskaufes aufgenommenen Kredit zu tilgen.

2. Es kann nicht als mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit bewertet werden, wenn der aus einem Hausverkauf eingehende Erlös zum Ausgleich eines überzogenen Girokontos verwendet wird.

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 12.06.2008; Aktenzeichen 2 F 136/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Baden-Baden vom 12.6.2008 - 2 F 136/04 - wie folgt abgeändert:

Dem Antragsgegner wird mit Wirkung ab 16.1.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. A. beigeordnet.

Der Antragsgegner hat keine Raten auf die Prozesskosten zu entrichten.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die abgetrennten Folgesachen Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich. Ein von ihm im Scheidungsverbundverfahren gestellter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mit Beschluss des AG vom 22.12.2004 zurückgewiesen worden.

Der Antragsgegner war gemeinsam mit seiner geschiedenen Ehefrau Miteigentümer einer Doppelhaushälfte, die im Zuge der Vermögensauseinandersetzung 2006 verkauft wurde. Einen aus dem Verkaufserlös im Jahr 2006 erhaltenen Betrag i.H.v. 13.500 EUR verwendete der Antragsgegner zur Tilgung eines Kredites bei der Volksbank A.. Nach einem am 16.1.2008 geschlossenen Vergleich erhielt der Antragsgegner von dem hinterlegten Resterlös aus dem Hausverkauf weitere 13.175 EUR.

Am 16.1.2008 hat der Antragsgegner für die noch anhängigen Verfahren betreffend den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG - FamG - Baden-Baden hat den Antrag mit Beschluss vom 12.6.2008 zurückgewiesen, weil der Antragsgegner noch Vermögen i.H.v. 13.175 EUR aus dem Hausverkauf habe. Zwar berufe er sich darauf, dass sein Girokonto mit mehr als 12.000 EUR überzogen sei. Diese Verbindlichkeiten hätten aber ausweislich der 2004 abgegebenen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse damals noch nicht bestanden. In Kenntnis des seit Sommer 2004 anhängigen Scheidungsverfahrens hätte der Antragsgegner keine Schulden begründen dürfen, ohne hinreichende Rücklagen für die zu erwartenden Gerichtskosten zu bilden.

Gegen den am 16.6.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 15.7.2008 sofortige Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das 2004 bei der Volksbank A. noch mit 13.500 EUR offene Darlehen sei im Zuge des Hausverkaufes abgelöst worden. Zusätzlich sei ein Dispo-Kredit bei der Volksbank A. i.H.v. 3.500 EUR über das Girokonto bei der Volksbank B. getilgt worden. Nach dem Hausverkauf habe er in eine Mietwohnung umziehen müssen. Dafür seien Umzugskosten sowie Kosten für die Renovierung der Wohnung angefallen. Hierdurch habe sich der Sollstand auf dem Girokonto bei der Volksbank Bühl bis Oktober 2007 auf 12.619,53 EUR erhöht.

Mit Beschluss vom 17.7.2008 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat ausgeführt, der Antragsgegner habe aus dem Hausverkauf Vermögen erworben, das weit über das Schonvermögen hinausgehe. Mit der Verwendung von 13.500 EUR aus dem Verkaufserlös habe er 2006 den Kredit bei der Volksbank A. vor dessen Fälligkeit getilgt, statt dieses Vermögen vorrangig zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen. Gleiches gelte für den Ausgleich des überzogenen Girokontos bei der Volksbank B.. Diese Schulden seien nicht zur Rückzahlung fällig, weshalb sie - unabhängig von ihrem Entstehungsgrund - lediglich in Form von Sollzinsen bei der Bestimmung des verfügbaren Einkommens berücksichtigt werden könnten. Der Antragsgegner habe sein Vermögen ohne Zwang anderweitig eingesetzt und müsse sich daher so behandeln lassen, als stünden ihm die 13.500 EUR und die weiteren 13.175 EUR noch zur Verfügung.

Der Antragsgegner verfolgt die sofortige Beschwerde weiter. Er hat auf gerichtliche Anforderung Kontoauszüge für das Girokonto bei der Volksbank B. vorgelegt. Danach ist dem Konto am 14.2.2008 der Resterlös aus dem Hausverkauf i.H.v. 13.175 EUR gutgeschrieben worden. Das Girokonto wies zum 6.3.2008 einen Sollstand von 3.757,66 EUR auf.

II. Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Dem Antragsgegner ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. Dem steht der zur Kredittilgung verwendete Erlös aus dem Hausverkauf nicht entgegen.

Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Gemäß §§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen, soweit nicht § 90 Abs. 2 und Abs. 3 SGB XII bestimmte Vermögenspositionen ausnimmt. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich das Vermögen zum Zeitpun...

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