Leitsatz (amtlich)

1. Zur Betrauung einer bereits als Verfahrensbeiständin im Umgangsverfahren tätigen Rechtsanwältin mit einer Ergänzungspflegschaft für das betroffene Kind mit der Aufgabe, einen - im Verhältnis der Eltern massiv streitbefangenen - Anspruch des Kindes gegen den Vater durchzusetzen.

2. Angesichts der ganz unterschiedlichen Aufgaben und Pflichten des Verfahrensbeistands einerseits und des Ergänzungspflegers andererseits ist in der in Leitsatz 1 beschriebenen Konstellation von vornherein die Gefahr eines Rollenkonflikts angelegt, den es im Interesse des Kindeswohls - und daneben auch im Interesse des Ergänzungspflegers bzw. Verfahrensbeistands selbst - regelmäßig zu vermeiden gilt.

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Betroffenen B wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 22.08.2018 (44 F 1491/18) in Ziffer 3 abgeändert und insofern wie folgt neu gefasst:

Als Ergänzungspflegerin wird ausgewählt:

Rechtsanwältin R2. Sie führt die Pflegschaft berufsmäßig.

2. Rechtsanwältin R1 wird als Ergänzungspflegerin entlassen.

3. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Auswahl eines Ergänzungspflegers.

Mit Beschluss vom 22.08.2018 hat das Amtsgericht nach Anhörung der Eltern und ihrer Bevollmächtigten für die Betroffene B, geboren am ..., die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft zur Vertretung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruchs gegen ihren Vater angeordnet und Rechtsanwältin R1 als Ergänzungspflegerin ausgewählt. Rechtsanwältin R1 ist im Umgangsverfahren ... zugleich Verfahrensbeiständin der Betroffenen.

Der Beschluss vom 22.08.2018 wurde den Eltern der Betroffenen, dem Jugendamt und der ausgewählten Ergänzungspflegerin zugestellt, nicht jedoch der Betroffenen selbst.

Mit am 11.02.2019 beim Amtsgericht eingegangenem Schreiben hat die Betroffene mitgeteilt, dass sie kein Vertrauen zu Rechtsanwältin R1 mehr habe, weil diese auf - von der Betroffenen selbst abgelehnten - Kontakten zum Vater bestehe. Sie - die Betroffene - wolle auch nicht, dass sich Rechtsanwältin ... um ihre Geldangelegenheiten kümmere. Sie sei dazu nicht gehört worden; es sei ihr am liebsten, wenn sich darum ihre Mutter, deren Anwalt oder ihr Opa ... kümmern würden. Mit Schreiben vom 19.02.2019 hat die Betroffene klargestellt, dass es sich hierbei um eine Beschwerde gegen den Beschluss vom 22.08.2018 handle.

Zu der Beschwerde haben sich die Mutter und der Vater jeweils über ihre Bevollmächtigten sowie die ausgewählte Ergänzungspflegerin geäußert.

Die Mutter hält die Beschwerde für zulässig und begründet. Neben den von der Betroffenen vorgeschlagenen Personen kommt aus ihrer Sicht auch das Jugendamt als Ergänzungspfleger, ferner Rechtsanwalt R3 oder Rechtsanwältin R2 in Betracht, die beide nicht im Lager eines Elternteils stünden.

Der Vater hält die Beschwerde für unbegründet. Die Auswahl von Rechtsanwältin R1 sei nicht zu beanstanden.

Rechtsanwältin R1 hält die Beschwerde ebenfalls für nicht begründet.

Der Senat hat mit Beschluss vom 31.05.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, einen anderen Ergänzungspfleger zu bestellen, weil er Interessenkollisionen zwischen den Rollen als Ergänzungspfleger und Verfahrensbeistand sehe. Er hat darauf hingewiesen, dass Rechtsanwalt R3 und Rechtsanwältin R2 für die Übernahme der Ergänzungspflegschaft geeignet erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Betroffenen ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Die Beschwerde - die sich nur gegen die Auswahl der Ergänzungspflegerin, nicht gegen die Anordnung der Ergänzungspflegschaft als solche richtet - ist zulässig. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin sie vorliegend persönlich einlegen können (a). Die Beschwerdeführerin ist ferner beschwerdebefugt (b) und hat die Beschwerde auch fristgerecht erhoben (c).

a) Das eigenständige, von der Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters unabhängige Beschwerderecht der Betroffenen folgt aus § 60 FamFG. Die Betroffene ist 14 Jahre alt und ersichtlich nicht geschäftsunfähig. Bei der Auswahl des Pflegers in einer Angelegenheit der Vermögenssorge handelt es sich um eine die Person des Kindes betreffende Angelegenheit im Sinne des § 60 Satz 1 FamFG (OLG Karlsruhe vom 12.11.2015 - 20 WF 162/15, FamRZ 2016, 567, juris Rn. 11; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 4. Auflage 2018, § 60 Rn. 7; vgl. auch Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Auflage 2017, § 60 Rn. 6, 10). Ob hier zudem auch § 60 Satz 2 FamFG einschlägig ist, kann offen bleiben.

b) Das nach § 60 FamFG selbst beschwerdeberechtigte Kind ist von der Auswahl des Ergänzungspflegers auch in eigenen Rechten betroffen und daher beschwerdebefugt (vgl. Staudinger/Veit, BGB, 2014, § 1779 Rn. 81).

c) Die einmo...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?