Normenkette
ZPO § 485 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 487 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 22.03.2023; Aktenzeichen 5 OH 15/19) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 22.03.2023 im Verfahren 5 OH 15/19 aufgehoben.
II. Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 23.11.2022 Beweis zu erheben. Die weiteren erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel an der Tiefgarage eines Bauvorhabens in der J. in H..
Auf Antrag vom 30.09.2019 wurde die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beschlossen. Noch vor Erstattung des schriftlichen Gutachtens stellte die Antragstellerin mehrfach weitere Beweisfragen, die ebenfalls dem Sachverständigen zur Beantwortung aufgegeben wurden.
Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens wurde auf Antrag der Antragsgegnerin Termin zur Anhörung des Sachverständigen auf den 05.12.2022 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 23.11.2022 formulierte die Antragstellerin weitere Beweisfragen zu weiteren behaupteten Mängeln der Tiefgarage. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aktenseiten 209 bis 212 verwiesen.
Das Landgericht hat durch den angegriffenen Beschluss "den Antrag der Antragstellerseite vom 23.11.2022, weitere Fragen im Rahmen dieses Verfahrens zu klären" zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei als Ausforschungsbeweisantrag unzulässig. Zudem "erschließe sich das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht im Hinblick auf die zeitliche Komponente". Das Verfahren laufe seit Herbst 2019. Die Bezugnahme auf Ausführungen im Ursprungsantrag vom 30.09.2019 genüge nicht für die Darlegung oder gar Glaubhaftmachung des Rechtsschutzbedürfnisses.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihr Ziel der Fortsetzung der Begutachtung weiterverfolgt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt. Ein Antrag sei unzulässig, wenn der Antragsteller ohne konkrete Anhaltspunkte die tatsächlichen Grundlagen für einen Anspruch ermitteln lassen wolle. Das Begehren nach dem Feststellen von Löchern und die Frage, ob die Bauteile den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, sei viel zu unkonkret. Zudem fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil über drei Jahre seit der ersten Antragstellung vergangen seien und nicht erkennbar sei, weshalb die Fragen erst jetzt/noch immer wesentlich sein sollen. Es sei bereits ein schriftliches Gutachten eingeholt und der Sachverständige habe dies mündlich erläutert.
II. Die gegen die Ablehnung des Antrags zulässige (vgl. Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 91 m.w.N.) sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die beantragte Beweiserhebung ist durchzuführen.
1. Der Antrag genügt den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO.
a) Eine hinreichende Bezeichnung der Tatsachen, über die ein Beweis erhoben werden soll (§ 487 Nr. 2 ZPO) liegt bereits bei Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen vor. Insbesondere ist kein Vortrag zu den (vermuteten) Ursachen von Mängeln erforderlich.
Andererseits müssen die Baumängel jedenfalls nach ihrem äußeren Erscheinungsbild ("Symptome") angegeben werden. Das geforderte Minimum an Substantiierung ist dann nicht erreicht, wenn ein Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 - VI ZB 11/15 -, NJW-RR 2016, 63 Rn. 9), oder
die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau und pauschal bezeichnet werden, dass sie weder eine sachgerechte Stellungnahme des Antragsgegners ermöglichen noch einem Sachverständigen im Fall der Beweisanordnung konkrete Anhaltspunkte für die durchzuführenden Prüfungen geben (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Auflage, Rn. 51 m.w.N.).
Zudem ist eine reine Ausforschung unzulässig, wenn also keine konkreten Tatsachen vorgetragen werden, sondern lediglich Fragen an einen Gutachter in der Hoffnung gestellt werden sollen, um dadurch anspruchsbegründende Tatsachen zu erfahren und hierdurch die Grundlagen für einen beweiserheblichen Tatsachenvortrag zu gewinnen (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 53 m.w.N.).
b) Gemessen hieran liegt ein hinreichend substantiierter Antrag vor.
Im Schriftsatz vom 23.11.2022 unter IX. rügt die Antragstellerin eine den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprechende und damit mangelhafte Vermörtelung oder Versiegelung der Wandanschlüsse des Batterieraums, des Elektroraums sowie des Müllraums sowie der Notausgänge. Weiter rügt sie, dass die Tür des Elektroraums zu viel Bodenluft aufweise, Spalte außerhalb des zulässigen Bereichs bestünden und vom Rahmen Klotzhölzer herausstehen würden. Zudem habe der Boden des Müllraums einen sich außerhalb Toleranzen im Hochbau bewegenden Bogen nach unten und der Obertürschließer sei defekt. Weiter läs...