Leitsatz (amtlich)

Zur Bestimmung der Höhe des Verfalls eines Geldbetrages gegen ein Unternehmen als Fuhrunternehmer oder als Eigentransporteur (hier: Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts bei einem Rindertransport)

 

Verfahrensgang

AG Pforzheim (Entscheidung vom 13.01.2017)

 

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten wird das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 13.01.2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Pforzheim zurückverwiesen.
 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 13.01.2017 hat das Amtsgericht Pforzheim gegen die Verfallsbeteiligte, ein in X ansässiges Unternehmen, das einen Viehhandel mit Nutz- und Schlachtvieh sowie daneben einen landwirtschaftlichen Mastbetrieb und eine Biogasanlage betreibt, den Verfall eines Betrages von 4.000,- Euro angeordnet, weil Fahrer der Verfallsbeteiligten in fünf Fällen in der Zeit vom 22.12.2015 bis zum 23.06.2016 jeweils 23 bis 29 Rinder zu einem Schlachthof in B bei P transportiert und dabei jeweils das zulässige Gesamtgewicht der in Betrieb genommenen Fahrzeugkombination um 7,58 % bis 16,75 % überschritten haben sollen.

Gegen diese Entscheidung hat die Verfallsbeteiligte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 16.01.2017, bei Gericht eingegangen am 18.01.2017, Rechtsbeschwerde eingelegt und zugleich die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Nachdem das schriftliche Urteil dem Verteidiger am 25.02.2017 zugestellt worden war, hat dieser die Rechtsbeschwerde mit Schriftsatz vom 06.03.2017, bei Gericht eingegangen am 10.03.2017, näher begründet und beantragt, "unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Pforzheim vom 13.01.2017 die Verfallsanordnung gegen die Betroffene aufzuheben".

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat in ihrer Antragsschrift vom 15.05.2017 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg. Das Urteil hält der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung aufgrund der erhobenen Sachrüge nicht stand. Es ist in mehrfacher Hinsicht nicht frei von Rechtsfehlern.

1. Das Urteil ist - auch eingedenk des Umstands, dass an die Urteilsgründe in Bußgeldverfahren keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind - bereits deshalb aufzuheben, weil die Beweiswürdigung in Bezug auf die getroffenen Feststellungen lückenhaft ist; diese vermag daher dieselben nicht in einer für das Rechtsbeschwerdegericht rechtlich überprüfbaren Weise zu tragen.

a) Ein durchgreifender Darstellungsmangel der Urteilsgründe ergibt sich bereits daraus, dass im Abschnitt III. zwar an erster Stelle die Einlassung der Verfallsbeteiligten als eine tragende Grundlage des unter II. festgestellten Sachverhalts aufgezählt wird, die Urteilsgründe lassen jedoch nicht erkennen, in welchem Umfang und wie sich die Verfallsbeteiligte inhaltlich eingelassen hat und ob bzw. inwieweit und warum das Gericht dieser Einlassung gefolgt ist oder diese für widerlegt angesehen hat. Nur durch die Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung ist gewährleistet, dass das Rechtsbeschwerdegericht die tatrichterliche Beweiswürdigung auf Rechtsfehler überprüfen kann (Senat, Beschluss vom 29.12.2016 - 2 (7) SsBs 632/16 - juris; KK-OWiG/Senge, 4. Aufl. 2014, § 71 Rn. 107 mwN zur ständigen Rspr. der OLGe; Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 71 Rn. 43; ebenso zum Strafurteil: BGH NStZ 2016, 25), zumal sich der gebotene Umfang der sonstigen Ausführungen zur Beweiswürdigung nach der jeweiligen Beweislage richtet, nicht zuletzt auch nach der Bedeutung, die der Beweisfrage unter Berücksichtigung des Tatvorwurfs und des Verteidigungsvorbringens für die Wahrheitsfindung zukommt (BGHSt 39, 291).

b) Anhand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils lässt sich auch nicht nachvollziehen, wie (etwa durch Vernehmung des jeweiligen Fahrers oder durch auszugsweise Verlesung der nach Art. 4 der VO (EG) Nr. 1/2005 notwendigerweise mitgeführten Transportpapiere/Kontrollbücher, aus denen nicht nur Herkunft und Eigentümer, sondern auch der Versandort hervorgeht) das Gericht jeweils zu der Feststellung gelangt ist, der Transport sei in allen fünf Fällen vom Sitz der Verfallsbeteiligten in X aus erfolgt. Diese Feststellung ist nicht nur für die Frage, ob die Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt worden sind, sondern auch für die Rechtsfolgenentscheidung von Bedeutung, denn der Umfang, in dem die in Rede stehenden Überladungsfahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden und damit zur Gefährdung des Straßenverkehrs und zu übermäßiger Abnutzung der Fahrbahnen beigetragen haben, ist ein Gesichtspunkt, der in die nach § 29a Abs. 2 OWiG gebotenen Ermessensausübung einzustellen ist (Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 02.07.2015 - 2 RB 102/14 - juris). Nähere Ausführ...

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