Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 09.04.2001; Aktenzeichen 23 AktE 1/90) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers Nr. 6 wird der Beschluss des LG Mannheim vom 9.4.2001 - 23 AktE 1/90 - geändert:
Die Abfindung für jede Aktie der S.E.N. Maschinenbau AG im Nennbetrag von 50 DM wird auf 199,84 DM (= 102,17 Euro) festgesetzt.
Der Abfindungsmehrbetrag je Aktie von 12,19 Euro (Differenzbetrag zwischen der bereits gezahlten und der gerichtlich geltend bestimmten Abfindung) ist jährlich wie folgt zu verzinsen:
ab dem Abfindungsverlangen bis zum 31.12.1994 mit 5 %,
vom 1.1.1995 bis 31.12.1998 mit 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank,
vom 1.1.1999 bis 4.4.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz
und
ab 5.4.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers Nr. 6 haben die Antragsgegnerinnen zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsteller (Nr. 6) war Aktionär der inzwischen erloschenen S.E.N. Maschinenbau AG in M. (S.E.N. AG). Im März 1987 schloss diese mit der M. Getränke- und Verpackungstechnik AG, die 1993 ihr Vermögen auf die Antragsgegnerin zu 1) übertrug, einen Verschmelzungsvertrag. Dem Vertrag stimmte die Hauptversammlung der S.E.N. AG zu. Der Zustimmungsbeschluss wurde von verschiedenen Aktionären angefochten. Während der Anhängigkeit der Anfechtungsklagen schloss die S.E.N. AG am 24.1.1990 mit der Antragsgegnerin zu 2) einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. § 91 Abs. 1 AktG ab, in dem den außenstehenden Aktionären eine jährliche Ausgleichszahlung von 10,15 DM zzgl. Steuergutschrift pro Aktie im Nennbetrag von 50 DM versprochen wurde und ihnen eine Barabfindung von 176 DM pro Aktie im Nennbetrag von 50 DM angeboten wird. Die Aktionäre der S.E.N. AG stimmten dem Unternehmensvertrag in der Hauptversammlung vom 16.3.1990 zu.
Der Antragsteller trennte sich von einem Großteil seiner Aktien zu dem vertraglich angebotenen Abfindungspreis, so dass er nur noch mit wenigen Aktien an der S.E.N. AG beteiligt war. Die übrigen Antragsteller nahmen das Angebot für die Abfindung nicht an. Der Antragsteller zu 6) und andere Minderheitsaktionäre waren mit dem Angebot des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht einverstanden und beantragten die gerichtliche Bestimmung des angemessenen Ausgleichs - dieser ist nach rechtskräftiger Entscheidung nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - und der angemessenen Abfindung. Bevor das LG über die Anträge der Minderheitsaktionäre entschied, wurde die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses über die Verschmelzung der S.E.N. AG und der KHS AG abgewiesen und die Verschmelzung im August 1993 in das Handelsregister eingetragen. Das LG stellte mit Beschluss vom 30.5.1994 (AS. 398 ff.) fest, dass sich das Verfahren über die Bestimmung der angemessenen Abfindung erledigt hätte. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.8.1994, AS. 593 ff.).
Gegen diese Gerichtsbeschlüsse legte u.a. der Antragsteller Verfassungsbeschwerde ein. Das BVerfG hob mit Beschluss vom 27.1.1999 (BVerfG v. 27.1.1999 - 1 BvR 1805/94, AG 1999, 218 = AS. 1242 ff., WM 1999, 435) die Entscheidung des LG und die Beschwerdeentscheidung des OLG auf, soweit sie den Antragsteller zu 6) betrafen.
In der erneuten Entscheidung hat das LG am 9.4.2001 die Abfindung auf 186 DM je Aktie im Nennwert von 50 DM festgesetzt. Es hat das Ergebnis des von ihm eingeholten Gutachtens vom 5.11.1993 für nicht richtig gehalten und die Einwendungen gegen das Angebot der Antragsgegnerin auf Zahlung von 176 DM, die eine höhere Abfindung rechtfertigen könnten, aus den Gründen der Entscheidung zur Angemessenheit des Ausgleichs (LG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.1996, AS. 1037 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.6.1997, AS. 1110a ff.) nicht für begründet erachtet. Für die Bestimmung der Abfindung hat das LG jedoch den Durchschnittsaktienkurs während eines Jahres vor Bekanntgabe des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages berücksichtigt. Gegen diesen Beschluss haben der Antragsteller zu 6) und die Antragsgegnerinnen sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragsgegnerinnen machen mit ihrer Beschwerde geltend, dass der Antrag auf Zahlung der angemessenen Abfindung nach Bestandskraft des Verschmelzungsvertrages weiterhin unzulässig sei. Sie bestreiten die Befugnis des Antragstellers zur Antragstellung, da dieser das Abfindungsangebot angenommen habe und wegen der Verschmelzung über keine weiteren Aktien mehr verfüge. Das Verfahren auf Bestimmung einer angemessenen Abfindung könne nicht fortgeführt werden. Nach der Verschmelzung gäbe es keine Aktien der S.E.N. AG mehr, deren Inhaber einen Antrag auf Bestimmung der angemessenen Abfindung stellen. Abfindungsansprüche könnten nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sein. Das BVerfG hätte die aktienrechtlichen Grundsätze verkannt.
Hilfsweise w...