Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Umgangsrechts bei Kindeswohlgefährdung
Leitsatz (redaktionell)
Bei drohender weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland darf das Umgangsrecht auf den begleiteten Umgang beschränkt werden.
Normenkette
BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Beschluss vom 14.12.2007; Aktenzeichen 36 F 158/06) |
Tenor
1. Die befristete Beschwerde des Vaters gegen Ziff. 1 des Beschlusses des AG - FamG - Heidelberg vom 14.12.2007 wird zurückgewiesen.
2. Der Vater trägt die außergerichtlichen Kosten der Parteien im Beschwerdeverfahren und die gerichtlichen Auslagen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um das Recht des Vaters auf unbegleiteten Umgang mit seiner am ... 2004 geborenen Tochter ... Die Parteien haben am ... 2003 in Ägypten geheiratet. Am ... 2003 sind sie gemeinsam nach Deutschland gezogen. In Ägypten haben sie vor der Eheschließung einen Ehevertrag geschlossen, der u.a. das Verbot der Beschneidung von aus der Ehe hervorgegangenen Mädchen vorsieht.
Seit Ende 2005 leben die Parteien dauernd getrennt ... lebt bei der Mutter. Der Vater hat eine Ausbildung zum ... abgeschlossen; er arbeitet seit November 2007 in diesem Beruf in einer 3/4-Stelle. Die Mutter arbeitet als ...
Nach der Trennung der Parteien fand der Umgang des Vaters mit ... zuerst im Haus der Großmutter mütterlicherseits statt, seit Juli 2006 findet ein 14-tägiger Umgang für ca. eine Stunde beim Kinderschutzbund statt.
Der Vater hat einen unbetreuten Umgang beantragt und vorgetragen:
Er habe nie damit gedroht,... zu entführen und beabsichtige dies auch nicht. Auch bestehe nicht die Gefahr einer Beschneidung von ... Diese Gefahr sei schon durch die notarielle Vereinbarung zwischen den Parteien ausgeschlossen. Er empfinde eine Beschneidung als nicht zeitgemäß und grausam. Er habe ... nie als schweinefleischverseucht bezeichnet. Diesen Begriff kenne er nicht; er lehne Schweinefleisch als Muslime zwar ab, habe jedoch akzeptiert, dass die Mutter ... dies gebe. Dass er ... mit ihrem zweiten Vornamen anrede, sei für diese nicht von Nachteil.
Die Mutter hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen, soweit unbegleiteter Umgang beantragt werde.
Die Mutter hat vorgetragen:
Der Vater versuche eine arabische Erziehung mit Druck durchzusetzen. Er rede mit ... nur arabisch und rede diese mit ihrem zweiten Vornamen an. Er habe das Kind als schweinefleischverseucht bezeichnet. Am ... 2005 habe er dem Kind das Brot aus der Hand geschlagen und das zerkaute Essen aus dem Mund geholt. Nachdem die Mutter und die Großmutter des Vaters beschnitten seien, bestehe diese Gefahr auch bei ... Er habe immer wieder mit der Entführung von ... gedroht. Obwohl ursprünglich vereinbart worden sei ... zu taufen, habe der Vater dem dann nicht mehr zugestimmt.
Das AG - FamG - Heidelberg hat den Antrag auf unbegleiteten Umgang für die Dauer eines Jahres ab Zustellung der Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung der Zeugen ... und ... zurückgewiesen und dem Vater untersagt,... außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu bringen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Einschränkung des Umgangsrechtes des Vaters sei aus Gründen des Kindeswohls erforderlich. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei die von der Mutter behauptete Entführungsgefahr nicht vollständig ausgeschlossen. Der Vater habe noch keine starken sozialen Beziehungen in Deutschland aufgebaut. Seit seinem Besuch bei einem Bruder in Frankreich habe er sich verändert. Er spreche anders als früher nur noch arabisch mit ... Er wolle ... unbedingt in seinen Pass eintragen lassen. Für den Fall einer Entführung des Kindes nach Ägypten sei es für die Mutter kaum möglich eine Rückführung von ... zu erreichen.
Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Vaters am 20.12.2007 zugestellt. Mit am 3.1.2008 beim OLG Karlsruhe eingegangenen Schriftsatz hat der Vater befristete Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Vater trägt vor:
Ihm sei wöchentlicher unbetreuter Umgang mit ... zu gewähren. Die Mutter verweigere diesen zu Unrecht. Es bestehe weder die Gefahr der Entführung noch der Beschneidung von ... Zwar sei es zwischen den Parteien aufgrund des Altersunterschiedes, der verschiedenen Traditionen und Religionen zunehmend zu Spannungen gekommen. Daraus könnten jedoch die von der Mutter behaupteten Gefahren nicht abgeleitet werden. Er lehne Beschneidungen ab und sehe sich an die von ihm abgegebene Erklärung vom ... 2003 gebunden. In seiner Generation seien keine Frauen in seiner Familie mehr beschnitten. Mit dem Thema Beschneidung habe er sich so ausreichend auseinander gesetzt, dass er sich eine eigene Meinung bilden könne. Es habe im Übrigen auch ein Umdenken in seiner Generation stattgefunden. Ebenso wie zunehmend andere Ägypter lehne er eine Beschneidung als grausam ab. Schließlich habe er auch eine unbeschnittene Ehefrau gewählt. In der Familie des Vaters sei die Beschneidung kein "Muss"; die einzige Cousin...