Leitsatz (amtlich)

1. Eine - Rahmen des Beschwerdeverfahrens allein überprüfbare -Gesetzeswidrigkeit einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht liegt vor, wenn eine solche im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist. Auch hat die Strafvollstreckungskammer in ihren Weisungen das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Hingegen findet eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit im Beschwerdeverfahren nicht statt. Im Übrigen kommen die Vorschriften und Rechtsgrundsätze des einfachen Beschwerdeverfahrens uneingeschränkt zur Anwendung.

2. Ist der Verurteilte aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage, die bei einer Vorstellungsweisung in einer Forensischen Ambulanz entstehenden Reisekosten zu tragen, muss die Staatskasse für diese aufkommen.

3. Aus Gründen der Klarstellung und der Fürsorgepflicht ist es angezeigt, dass die Strafvollstreckungskammer in ihrem die Führungsaufsicht ausgestalteten Beschluss den Verurteilten ausdrücklich darauf hinweist, ob sie die ihm erteilten Weisungen - strafbewehrt - auf § 68 b Abs. 1 StGB oder - nicht strafbewehrt - auf § 68 b Abs. 2 StGB stützt.

 

Normenkette

StGB §§ 68a, 68b Abs. 1 S. 1 Nrn. 3, 11, S. 2, Abs. 2-3, § 68c; StPO § 68f Abs. 2, § 463 Abs. 2, § 454 Abs. 2, § 453 Abs. 2; GG Art. 6, 103 Abs. 2

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - D. vom 27. April 2010 (15 StVK 107/10 BR), mit welchem festgestellt wurde, dass nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts C. vom 22. Mai 2006 mit der Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft Führungsaufsicht eintritt, wird als unbegründet verworfen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beschwerde des Verurteilten gegen der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - D. vom 27. April 2010 (15 StVK 107/10 BR) insoweit erledigt hat, als dem Verurteilten aufgegeben wurde,

a. spätestens drei Tage nach Haftentlassung der Strafvollstreckungskammer die polizeiliche Meldung seiner Wohnanschrift nachzuweisen (Ziffer 3 Satz 1 des Beschlusses)

b. sich nach seiner Haftentlassung umgehend beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden (Ziffer 4 Satz 1 1. Halbsatz des Beschlusses).

3. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - D. vom 27. April 2010 (15 StVK 107/10 BR) dahingehend abgeändert, dass

a. der Verurteilte angewiesen wird, sich binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung erstmals und dann im Abstand von jeweils zwei Wochen bei der Forensischen Ambulanz ... vorzustellen

b. die oben unter Ziffer 3a angeordnete Vorstellungsweisung entfällt, falls und sobald der Verurteilte eine psychotherapeutische Behandlung seiner Persönlichkeitsstörung bei der Forensischen ... oder bei einem/einer von dieser benannten niedergelassenen Psychotherapeuten/in durchführt,

c. die Staatskasse die Kosten der Vorstellungsweisung bis auf weiteres insoweit zu tragen hat, als dies die Kosten der Anreise und Rückreise des Verurteilten von seinem Wohnort in E. zu der Forensischen Ambulanz ... betrifft.

4. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - D. vom 27. April 2010 (15 StVK 107/10 BR) insoweit aufgehoben, als

a. dem Verurteilten auferlegt wurde, ein monatliches Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 100 Euro an seine Ehefrau zu bezahlen (Ziffer 6 Satz 3 des Beschlusses)

b. dem Verurteilten auferlegt wurde, keinen direkten Kontakt zu seinem Kind aufzunehmen (Ziffer 6 Satz 1 des Beschlusses).

5. Im Übrigen wird die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - D. vom 27. April 2010 (15 StVK 107/10 BR) als unbegründet verworfen.

6. Der Verurteilte wird darauf hingewiesen, dass Verstöße gegen die ihm durch die Strafvollstreckungskammer bzw. den Senat erteilten Weisungen nach § 145a StGB insoweit mit Strafe bedroht sind, als ihm auferlegt wurde,

a. sich einmal im Monat nach telefonischer Vereinbarung bei seinem Bewährungshelfer einzufinden (Ziffer 2 des angefochtenen Beschlusses)

b. sich binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung erstmals und dann im Abstand von jeweils zwei Wochen bei der Forensischen Ambulanz ... vorzustellen (Ziffer 3a dieses Beschlusses)

c. keinen direkten Kontakt zu seiner Ehefrau aufzunehmen und - soweit der Kontakt erforderlich ist - sich der Vermittlung geeigneter Organisationen, z.B. des Jugendamtes oder eines Rechtsanwaltes, zu bedienen.

7. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte; jedoch wird die Gebühr um ein Drittel ermäßigt. Ein Drittel der im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 27.04.2010 ordnete das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - D. beim Verurteilten nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgericht...

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