Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsichtsrecht Pflichtteilsberechtigter in Grundbuchakten bei Immobilienveräußerung des Erblassers
Normenkette
GBO § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
AG K. (Beschluss vom 10.06.2013; Aktenzeichen GRG 11/1315/13) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Grundbuchamts K. vom 10.6.2013 - GRG 11/1315/2013 - aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, dem Antragsteller einen unbeglaubigten Grundbuchauszug zu dem Grundbuch von K. Blatt 13xxx sowie eine Abschrift des "Kaufvertrags über Wohnungseigentum" vom 4.5.2012 zu erteilen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erteilung eines Grundbuchauszugs und Überlassung der Kopie eines Kaufvertrages.
Der Antragsteller ist der Sohn der am ... 2013 verstorbenen Frau A. S., die früher Eigentümerin des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes war. Am 26.4.2013 (As. 59) beantragte er unter Hinweis auf seine Stellung als gesetzlicher Erbe Erteilung eines Grundbuchauszugs sowie Übersendung einer Kopie des Vertrages, "mit welchem die Verstorbene (...) Eigentum verloren" habe; dazu trug er vor, die Erblasserin habe die Eigentumswohnung etwa im Jahre 2012 an eine dritte Person übertragen. Die Urkundsbeamtin des Grundbuchamtes teilte ihm daraufhin mit, dass eine Einsichtnahme nicht möglich sei, da die Verstorbene das Eigentum am 26.3.2012 aufgrund Verkaufs unter Fremden am 4.1.2012 verloren habe und ein berechtigtes Interesse an der Einsicht damit fehle (As. 63). Nachdem der Antragsteller gleichwohl an seinem Begehren festgehalten hatte, wies das Grundbuchamt diesen durch Beschluss des Rechtspflegers vom 10.6.2013 zurück (As. 75). Der Kaufvertrag zwischen der Verstorbenen und dem Erwerber sei offensichtlich ein Vertrag unter Fremden gewesen; er sei nämlich unter Vermittlung eines Maklers zustande gekommen. In derartigen Fällen werde die Entgeltlichkeit des Geschäfts vermutet, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte diese Vermutung widerlegten. Ein Anspruch des Antragstellers, dessen Verfolgung ihn zur Grundbucheinsicht berechtigen könne, sei vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der sich - nach Bekanntwerden eines Testaments - nunmehr auf ein ihm zustehendes Pflichtteilsrecht stützt. Aus diesem folge ein wirtschaftliches Interesse an der Grundbucheinsicht. Der Antragsteller ist der Auffassung, er müsse in die Lage versetzt werden, die vom Pflichtteilsergänzungsschuldner nach § 2314 BGB zu erteilende Auskunft selbst zu überprüfen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Antragstellers und die Entscheidungen des Grundbuchamts Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist nach §§ 12c Abs. 4 Satz 2, 71 Abs. 1, 73 GBO i.V.m. §§ 3 Nr. 1h, 11 Abs. 1 RPflG zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.
A. Der Rechtspfleger hat seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Erinnerung gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin zu Recht angenommen. Zwar entscheidet nach dem Wortlaut des § 12c Abs. 4 GBO der Grundbuchrichter, wenn gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten über die Grundbucheinsicht Erinnerung eingelegt wird. Den Rechtspflegern sind aber gem. § 3 Nr. 1h) RPflG gerade die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des Grundbuchrichters in vollem Umfang übertragen worden (vgl. OLG Schleswig BeckRS 2011, 01850; OLG Düsseldorf BeckRS 2010, 26117 m.w.N., auch zu der Gegenansicht; ebenso Senat, Beschl. v. 29.5.2013 - 11 Wx 40/13); sie müssen daher auch befugt sein, über Erinnerungen gegen die zurückweisenden Entscheidungen der Urkundsbeamten über die Grundbucheinsicht zu entscheiden.
B. Der Antragsteller hat nach § 12 Abs. 1 GBO Anspruch darauf, dass ihm ein Grundbuchauszug erteilt und eine Abschrift des Kaufvertrages überlassen wird, in dessen Vollzug seine Mutter das Eigentum an dem Grundbesitz verloren hat.
1. Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten ist gem. § 12 Abs. 1 und 2 GBO zu gewähren, wenn ein berechtigtes Interesse dargetan ist. Bei der Auslegung des Begriffs des berechtigten Interesses ist einerseits zu berücksichtigen, dass § 12 GBO in erster Linie nicht einen Geheimnisschutz bezweckt, sondern auf eine Publizität zielt, die über die rein rechtliche Anknüpfung an die Vermutungs- und Gutglaubensvorschriften der §§ 891 ff. BGB hinausgeht. Auf der anderen Seite ist das Grundbuchamt gehalten, das Vorliegen eines berechtigten Interesses genau zu prüfen, um Einsichtnahmen zu verhindern, durch die das schutzwürdige Interesse Eingetragener, Unbefugten keinen Einblick in ihre Rechts- und Vermögensverhältnisse zu gewähren, verletzt werden könnte. Danach ist das berechtigte Interesse umfassender als ein rechtliches Interesse und setzt anders als dieses nicht voraus, dass schon ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen d...