Normenkette
BGB §§ 214, 633-634, 634a
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 16.07.2020; Aktenzeichen 3 O 257/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 26.11.2021.
Gründe
Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO). Die Rechtssache gebietet keine mündliche Verhandlung, hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien mit Ablauf des 09.04.2019 verjährt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht, sondern gibt Anlass zu folgenden Anmerkungen:
1. Die Berufung (BB 5 f.) rügt, eine rechtsgeschäftliche Abnahme am 09.04.2014 sei zu verneinen, weil der Beklagte die von ihm nach Leistungsphase 8 des § 33 HOAI zu erbringenden Leistungen noch nicht vollständig erbracht habe.
Das ist nicht richtig. Die Klägerin, vertreten durch ihren Bürgermeister, hat ausweislich des Abnahmeprotokolls vom 09.04.2014 (B3) eine "vollständige Leistungsabnahme (§ 640 BGB)" gegenüber dem Beklagten erklärt. Dabei war sie sich aufgrund der beigefügten Anlage B1 der noch fehlenden Leistungen bewusst. Die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des oben genannten Protokolls, das von beiden Vertragsparteien unterzeichnet wurde, ergibt (unproblematisch), dass eine Abnahme des gesamten Vertragsgegenstandes gewollt war und von den Abnahmewirkungen nur die aufgelisteten Mängelpunkte bzw. Unvollständigkeiten nicht umfasst sein sollten.
Die etwa fehlende Abnahmereife hindert die ausdrücklich erklärte Abnahme nicht, was sich schon aus § 640 Abs. 2 BGB ergibt (vergleiche etwa OLG München, Urteil vom 13.12.2011 - 9 U 2533/11 -, juris Rn. 8 ff.; Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 3. Teil Rn. 5).
2. Die erstmals in zweiter Instanz erklärte Anfechtung der Abnahme ist rechtlich wirkungslos.
Im Falle des Irrtums der Klägerin über den Stand der erbrachten Leistungen des Beklagten wäre das Anfechtungsrecht ungeachtet der Rechtsnatur der Abnahmeerklärung durch die vorrangigen §§ 633 ff. BGB ausgeschlossen (vergleiche OLG München, a.a.O. Rn. 16). Abgesehen davon ist der hierzu erstmals in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag, wonach dem Bürgermeister das Abnahmeprotokoll "quasi unterschoben" wurde (BB 5 3. Absatz), neu und streitig und daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht zuzulassen. Er ist zudem beweislos geblieben. Und schließlich wird damit eine arglistige Täuschung der Klägerin nicht dargetan. Allein der (bestrittene) Umstand, dass der Beklagte das Protokoll gelegentlich einer Vorsprache in anderer Sache zur Unterzeichnung durch den Bürgermeister der Klägerin mitbrachte, führt - was die Klägerin ohnehin nicht ausdrücklich geltend macht - nicht zur Annahme einer arglistigen Täuschung.
Eine etwa - wie nicht - mögliche Irrtumsanfechtung (§ 119 BGB) wäre verfristet (§ 121 Abs. 1 BGB). Der Klägerin waren die Umstände für eine solche Anfechtung bereits in erster Instanz bekannt.
3. Die Berufung (BB 6-8) rügt, das Landgericht hätte von einer Hemmung der Verjährung durch Verhandeln (§ 203 BGB) ausgehen müssen. Das Landgericht habe das Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 20.08.2018 (K 8) übersehen. Die Parteien hätten seither in Verhandlungen über die Schadensersatzansprüche der Klägerin gestanden. Insoweit werde auch Bezug genommen auf das Antwortschreiben des Beklagten vom 16.11.2018 (K 9).
Das bleibt ohne Erfolg.
Dass die Parteien über die hier fraglichen Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten verhandelt hätten, wird nur substanz- und beweislos behauptet. Ein Verhandeln im Sinne von § 203 BGB könnte sich nach dem Klagevorbringen nur aus dem Inhalt der vorgenannten beiden Schreiben nebst Anlagen ergeben. Das ist aber nicht der Fall.
a) Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 203 S. 1 BGB). Der Begriff "Verhandlungen" ist weit auszulegen. Der Gläubiger muss klarstellen, dass er einen Anspruch gegen den Schuldner geltend machen und worauf er ihn im Kern stützen will. Anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsäc...