Leitsatz (amtlich)
Zur Ablehnung des Betriebs eines eigenen Fernsehgeräts im Maßregelvollzug nach § 63 StGB.
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten wird der Beschluß des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - vom 13. Juli 1999 aufgehoben.
Die Vollzugsbehörde wird verpflichtet, den Untergebrachten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Untergebrachten trägt die Staatskasse.
Der Gegenstandswert wird auf 500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Urteil des Landgerichts vom 14. Juli 1997 wurde gegen den Antragsteller wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen in 24 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt und außerdem seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seit dem 23. Juli 1998 wird die Maßregel im Zentrum für Psychiatrie vollzogen. Der Untergebrachte stellte den Antrag, ihm die Aushändigung und Benutzung eines eigenen Fernsehgeräts zu gestatten, was die Leitung der Maßregelvollzugseinrichtung ablehnte. Zur Begründung verwies das Zentrum für Psychiatrie darauf, daß in der Abteilung Forensische Psychiatrie in eigene Fernseher aus therapeutischen Gründen, unter anderem aufgrund eines anzunehmenden Rückzugs der Patienten mit einhergehender Rückzugshaltung (Hospitalisierung) nicht vorgesehen seien. Den mit demselben Ziel gestellten Antrag des Untergebrachten auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete, form- und fristgerecht mit der Sachrüge begründete Rechtsbeschwerde des Antragstellers, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen war (§§ 138 Abs. 2, 116 Abs. 1 StVollzG), hat Erfolg.
II.
Die von Amts wegen gebotene Prüfung (vgl. nur Callies/Müller-Dietz, StVollzG 7. Aufl. § 119 Rdnr. 3, § 109 Rdnr. 18) hat ergeben, daß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig ist. Insbesondere mußte dem gerichtlichen Verfahren kein Verwaltungsvorverfahren (§§ 138 Abs. 2, 109 Abs. 3 StVollzG) vorausgehen. Zwar sah § 43 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (AGGVG) vom 16. Dezember 1975 (GBl. S. 868) in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung gegen Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen des Anstaltsleiters auch im Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung die Durchführung eines Verwaltungsvorverfahrens vor. Durch Art. 4 des am 1. Januar 1996 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuorganisation der Psychiatrischen Landeskrankenhäuser vom 3. Juli 1995 (GBl. S. 510) wurde § 43 AGGVG aber dahin abgeändert, daß der gesamte Maßregelvollzug aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift herausgenommen wurde. Der Gesetzentwurf der badenwürttembergischen Landesregierung enthält in der Einzelbegründung zu Art. 4 des Gesetzes vom 3. Juli 1995 (LTDrucks. 11/5876, S. 29) den ausdrücklichen Hinweis darauf, daß der Landesgesetzgeber durch diese Änderung (für den Bereich des Maßregelvollzugs) auf die durch § 109 Abs. 3 StVollzG eingeräumte Möglichkeit, dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ein Verwaltungsvorverfahren vorzuschalten, verzichte, was zu einer Verfahrensverkürzung führe und der Praxis in einigen anderen Bundesländern entspreche. Schon im Hinblick auf den insoweit eindeutigen spezialgesetzgeberischen Willen kommt für das Land Baden-Württemberg die Annahme, jedenfalls ergebe sich aus §§ 79 LVwVfG (wortgleich mit § 79 BVwVfG), 68 - 70 VwGO auch für den Bereich des Maßregelvollzugs die Erforderlichkeit der Durchführung eines Verwaltungsvorverfahrens (Volckart, Maßregelvollzug 5. Aufl. Abschnitt 5. 1), nicht in Betracht.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet, da die bisherigen Erwägungen der Maßregelvollzugsbehörde nicht ausreichen, die Ablehnung der Zulassung eines eigenen Fernsehgeräts gegenüber dem Antragsteller zu rechtfertigen.
Für die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung sind - da Bundesgesetze insoweit nichts anderes bestimmen - in Baden-Württemberg die entsprechend anwendbaren landesrechtlichen Bestimmungen der §§ 7 und 9 des Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (UBG) maßgeblich (§§ 138 Abs. 1 StVollzG, 15 Abs. 1 UBG). Demgegenüber kann für die hier im Raum stehende Beschränkung des Grundrechts des Antragstellers auf Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) weder in § 63 StGB noch in § 136 StVollzG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage gesehen werden. Die Bestimmung des § 63 StGB ermöglicht es nur, bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen einem Täter die Freiheit zu entziehen, während § 136 StVollzG - der in seinem Satz 2 die Zielsetzung der Unterbringung nach § 63 StGB aufgreift - nach dem Willen des Gesetzgebers keine allgemeine Einschränkungsgrundlage für Beschränkungen der Freiheit des Untergebrachten bildet, die der Zweck der Maßregel erfordert (so zutreffend KG NStZ-RR 1998, 382, 383 m. w. N. ). Eine entsprechende Anwendung der §§ 69 Abs....