Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das schiedsgerichtliche Verfahren bezogen auf
Ansprüche aus oder aufgrund des Lizenzvertrags der Parteien vom 17.09.2015 unzulässig ist.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
3. Der Streitwert wird auf 155.448,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Verfahren betrifft die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens, nachdem sich das zunächst angerufene Schiedsgericht für unzuständig erklärt hat.
Die Parteien schlossen am 17.09.2015 in zwei gesonderten Urkunden einen Kauf- und einen Lizenzvertrag für den Erwerb eines Flugsimulators. Beide Verträge enthalten eine Schiedsklausel. Im Kaufvertrag wird zum Schiedsgericht die "Handelskammer X, Deutschland" bestimmt (§ 7.1, Anl. Ast1 = AH ASt. 10/14). Der Lizenzvertrag benennt als Schiedsgericht die "Industrie- und Handelskammer Deutschland" (§ 11.2, Anl. Ast2 = AH ASt. 22/26 [jeweils in der Übersetzung aus dem englischsprachigen Original]).
Im Folgenden kam es zu Streitigkeiten über die Vertragsabwicklung. Die Antragstellerin verlangte aus beiden Verträgen die Rückzahlung geleisteter Anzahlungen sowie Vertragsstrafen und erhob Klage vor dem Schiedsgericht der Handelskammer X. Mit Schiedsspruch vom 30.11.2017 (Anl. Ast3 = AH Ast. 28, 39 ff.) gab das Schiedsgericht der Klage hinsichtlich des Kaufvertrags statt; hinsichtlich des Lizenzvertrags lehnte es seine Zuständigkeit ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Parteien zwar auch für den Lizenzvertrag ausdrücklich eine umfassende Schiedsklausel gewollt hätten. Die Schiedsorganisation der "Industrie- und Handelskammer Deutschland" gebe es jedoch nicht. Ob die Schiedsklausel damit wegen Unbestimmtheit unwirksam oder - falls nicht - welches andere Schiedsgericht gemeint sei, könne offenbleiben. Jedenfalls ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch der Vertragsgenese ein hinreichender Bezug zum Schiedsgericht der Handelskammer X.
Die Antragstellerin, die vor dem Schiedsgericht von dessen Zuständigkeit auch für den Lizenzvertrag ausgegangen war, beruft sich nunmehr darauf, dass nach der Entscheidung des Schiedsgerichts die Schiedsklausel des Lizenzvertrags wegen Unbestimmtheit unwirksam sei. Jedenfalls komme kein anderes Schiedsgericht als das der Handelskammer X in Betracht. Dort sei ein Schiedsverfahren jedoch undurchführbar, nachdem es sich für unzuständig erklärt habe. Ferner rügt die Antragstellerin die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten auf Antragsgegnerseite.
Die Antragstellerin beantragt
wie zuerkannt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie meint, bereits der hiesige Antrag sei wegen der Ausschließlichkeit des Schiedsverfahrens unzulässig. Ferner macht die Antragsgegnerin, die sich vor dem Schiedsgericht auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel berufen hatte, nunmehr geltend, das Schiedsgericht habe auf mögliche andere Schiedsgerichte verwiesen; das Prozessrisiko der Auswahl des richtigen Schiedsgerichts liege bei der Antragstellerin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergibt sich aus § 1032 Abs. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag nach dieser Vorschrift nur "bis zur Bildung des Schiedsgerichts" gestellt werden kann und hier bereits ein Schiedsverfahren stattgefunden hat. Denn der Antragstellerin geht es um die Feststellung, dass sie kein weiteres Schiedsverfahren vor einem neuen - erst noch zu bildenden - Schiedsgericht anstrengen muss.
Der Einwand des Schiedsvertrags, den die Antragsgegnerin erheben will, kann gegen das hiesige Verfahren ersichtlich nicht durchgreifen. § 1032 ZPO sieht den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gerade für den Fall vor, dass - wie hier - Streit über das Eingreifen einer Schiedsvereinbarung besteht.
Die örtliche Zuständigkeit folgt gemäß § 1062 Abs. 2 ZPO dem Sitz der Antragsgegnerin, nachdem die Antragstellerin (zumindest auch) geltend macht, mangels wirksamer Schiedsvereinbarung gebe es keinen deutschen Schiedsort.
Die Antragsgegnerseite ist prozessordnungsgemäß vertreten. Die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin haben auf die Rüge der Antragstellerin hin ihre Prozessvollmacht hinreichend nachgewiesen.
2. Der Antrag ist auch in der Sache begründet. Die Schiedsvereinbarung der Parteien steht einer Klage vor den staatlichen Gerichten nicht mehr entgegen, nachdem sich das einzig in Frage kommende Schiedsgericht - nämlich das Schiedsgericht der Handelskammer X - bindend für unzuständig erklärt hat.
a) Unzweifelhaft wollten die Parteien für den Lizenzvertrag eine Schiedsvereinbarung treffen. Allerdings haben sie als Schiedsgericht die "Industrie- und Handelskammer Deutschland" benannt. Ein entsprechendes Schiedsgericht gibt es nicht. Bestimmen die Parteien versehentlich ein nicht existentes Schiedsgericht, so ist zunächst im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu prüfen, ob sich die Zuständigkeit eines bestimmten ander...