Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH. Nebenkosten. Berufspauschale. Erwerbstätigenfreibetrag. Ehescheidung. Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit eines PKH-Gesuchstellers dürfen Berufstätige von ihrem Einkommen einen Erwerbstätigenfreibetrag gemäß 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG in Höhe von monatlich 270 DM abziehen, sofern dieser Betrag eine 5 %ige Berufspauschale (berechnet aus dem bereinigten Nettoeinkommen) übersteigt.

Neben den Kosten der Unterkunft und der Heizung sind weitere Umlagen für die Betriebskosten, sofern sie nicht verbrauchsabhängig sind, vom verbleibenden Einkommen des Gesuchstellers abzuziehen.

 

Normenkette

ZPO § 115; BSHG § 76 Abs. 2a

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Beschluss vom 08.06.1998; Aktenzeichen 2 F 88/98)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Prozeßkostenhilfebeschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe vom 08.06.1998 (2 F 88/98) hinsichtlich der Ratenzahlung dahin abgeändert, daß die Antragsgegnerin ab 01.11.1998 monatliche Raten in Hohe von 90,00 DM (statt 150,00 DM ab 10.07.1998) auf die Prozeßkosten an die Landeskasse zu zahlen hat.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die angeordnete Ratenzahlung des Familiengerichts und greift hierbei drei Berechnungspositionen an:

  1. Anstelle einer zugrunde gelegten 5 %igen Berufspauschale in Höhe von 101,00 DM hätte ein Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 27 Abs. 2 a BSHG in Höhe von monatlich 265,50 DM berücksichtigt werden müssen,
  2. im Rahmen der Mietkosten seinen weitere, umlagefähigen Mietnebenkosten abzusetzen,
  3. der Antragsgegnerin stehe, da sie ein 11 Jahre altes Kind betreue, ein besonderer Abzug gemäß § 76 Abs. 2 a Satz 2 BSHG in Verbindung mit § 23 Abs. 2 BSHG in Höhe von monatlich 355,00 DM zu.

Berücksichtige man diese drei Positionen, sei für die angeordnete Ratenzahlung kein Raum mehr.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die Antragsgegnerin hat künftig monatliche Raten in Höhe von 90,00 DM (statt 150,00 DM) zu zahlen.

a) Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, daß sie als Berufstätige von ihrem Einkommen einen Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG in Höhe von monatlich 270,00 DM abziehen darf, sofern dieser Betrag eine 5 %ige Berufspauschale (berechnet aus dem bereinigten Nettoeinkommen) übersteigt. Der Höhe nach beläuft sich diese Pauschale auf 50 % des derzeitigen Eckregelsatzes (seit 01.07.1998 monatlich 541,00 DM) und ergibt somit einen Abzugsposten von (abgerundet) 270,00 DM.

b) Zuzustimmen ist der Antragsgegnerin auch darin, daß neben den Kosten der Unterkunft und der Heizung weitere Umlagen für die Betriebskosten, sofern sie nicht verbrauchsabhängig sind, abzuziehen sind (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 115 Rn. 11; Baumbach/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 115 Rn. 13). Dies sind somit die Nebenkosten in Höhe von monatlich 80,00 DM, nicht jedoch die verbrauchsabhängigen Stromkosten mit monatlich weiteren 60,00 DM.

c) Ein weiterer Abzugsbetrag – im Hinblick auf eine besondere berufliche Belastung der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung ihrer Kinderbetreuung – ist tatbestandlich nicht gegeben. Insoweit verlangt § 23 Abs. 2 BSHG, daß der Gesuchsteller mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenlebt und allein für deren Pflege und Erziehung sorgt. Nur dann kann ein Mehrbedarfsbetrag nach § 23 Abs. 2 BSHG angenommen werden. Vorliegend betreut die Antragsgegnerin nur ein einziges, über sechs Jahres altes Kind, so daß weder eine sozialhilferechtliche noch prozeßkostenrechtliche Mehrbelastung berücksichtigt werden kann.

Unter Beachtung obiger Grundsätze ergibt sich folgende Berechnung:

Dem monatlichen Nettoeinkommen von 2.024,00 DM sind 220,00 DM Kindergeld und im Einverständnis beider Parteien 90,00 DM Wohngeld sowie 314,00 DM Kindesunterhalt hinzuzurechnen. Es ergibt sich damit ein monatliches Gesamteinkommen von 2.648,00 DM.

Hiervon sind abzuziehen 50,00 DM Lebensversicherung, 70,00 DM Kredit, 770,00 DM Kaltmiete und Heizung, 80,00 DM Mietnebenkosten, eine persönliche Pauschale in Höhe von 663,00 DM, der Kinderfreibetrag in Höhe von 466,00 DM (jeweils Stand 01.07.1998) sowie die Berufspauschale in Höhe von 270,00 DM (alle Beträge jeweils monatlich).

Dies ergibt einen Gesamtabzugsbetrag von monatlich 2.369,00 DM und führt bei einem verbleibenden Resteinkommen von monatlich 279,00 DM zu einer Ratenanordnung in Höhe von 90,00 DM.

Die weitergehende Beschwerde war – weil unbegründet – zurückzuweisen. Ein Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

 

Unterschriften

Dr. Thalmann Vors. Richter am Oberlandesgericht, Disqué Richter am Amtsgericht, May Richter am Oberlandesgericht

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1345100

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