Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe für ein familiengerichtliches Verfahren über das Umgangsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist nicht grundsätzlich mutwillig im Sinne der §§ 76 FamFG, 114 ZPO, einen Antrag auf Umgangsregelung beim Familiengericht zu stellen, ohne zuvor die Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt nachgesucht zu haben (Anschluss an OLG Karlsruhe - 2. Senat für Familiensachen, FamRZ 2004, 1115; OLG Karlsruhe - 16. Senat für Familiensachen, FamRZ 2002, 1712).
2. Die Mutwilligkeit der Inanspruchnahme des Familiengerichts kann nur angenommen werden, wenn nach den konkreten Umständen im Einzelfall aussichtsreiche Möglichkeiten einer vorgerichtlichen Verständigung bestanden, die jedoch nicht genutzt wurden.
Normenkette
FamFG § 76; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Beschluss vom 14.12.2015; Aktenzeichen 1 F 322/15) |
Tenor
1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Bruchsal vom 14.12.2015 einschließlich des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.12.2015 - Az. 1 F 322/15 - wird aufgehoben.
2. Das weitere Verfahren wird dem AG zur Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und zur abschließenden Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe übertragen.
Gründe
I. Die nicht miteinander verheirateten Beteiligten sind gemeinsam sorgeberechtigte Eltern des Kindes Dean, geboren am ... 2011. Das Kind hat seinen Lebensmittelpunkt bei der Antragsgegnerin (Mutter), worüber auch Einvernehmen besteht.
In der Vergangenheit gab es zwischen den Beteiligten keine Vereinbarung eines regelmäßigen Umgangs, jedoch Umgangskontakte des Antragstellers (Vater) mit dem Kind nach Maßgabe von Absprachen im Einzelfall. Im Oktober oder November 2015 kam es zwischen den Beteiligten zu Auseinandersetzungen, in deren Zuge die Antragsgegnerin dem Antragsteller - u.a. per SMS - erklärte, er könne das Kind nur noch bei ihr in der Wohnung besuchen, sie werde das Kind nicht dem Antragsteller herausgeben. Hintergrund war eine Äußerung des Antragstellers, die die Antragsgegnerin als Entführungsdrohung wertete. Gesprächseinladungen des Jugendamts, die nach Angabe des Jugendamts dem Antragsteller übersandt wurden, will der Antragsteller nicht erhalten haben.
Der Antragsteller beantragte unter dem 4.11.2015 eine gerichtliche Umgangsregelung sowie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hierfür, ohne zuvor die Vermittlung oder Beratung des Jugendamtes in Anspruch genommen zu haben.
Das Familiengericht hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 14.12.2015 abgelehnt mit der Begründung, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien nicht hinreichend dargelegt und der Antrag sei mutwillig, da der Antragsteller nicht zunächst die kostenfreie Beratung und Vermittlung durch das Jugendamt in Anspruch genommen habe.
Gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 16.12.2015. Der Antragsteller legt weitere Unterlagen zu seinen Einkommensverhältnissen vor. Außerdem macht er geltend, sein Antrag auf Umgangsregelung sei nicht mutwillig gewesen. Angesichts der Erklärung der Antragsgegnerin, er könne Umgang nur noch in ihrer Wohnung haben, habe der Antragsteller gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Zuvor eine Beratungsstelle aufzusuchen, sei ihm nicht zumutbar gewesen, da dies zu einer noch längeren Unterbrechung des Umgangs mit seinem Kind geführt hätte.
Am 17.12.2015 schlossen die Beteiligten in der Sitzung des Familiengerichts eine Vereinbarung über den Umgang.
Ebenfalls am 17.12.2015 hat das Familiengericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen mit der Begründung, jedenfalls sei Verfahrenskostenhilfe aus dem Grund der Mutwilligkeit nicht zu bewilligen.
II. Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist insoweit begründet, als die Versagung der Verfahrenskostenhilfe nicht auf mangelnde Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO gestützt werden kann. Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen (§§ 76 FamFG, 115 ZPO) sind auf der Grundlage der nachgereichten Unterlagen noch prüfen; insoweit wird die Entscheidung gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Familiengericht zur weiteren Prüfung übertragen.
Dass der Antrag des Antragstellers auf Regelung des Umgangs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, ist nicht anzunehmen. Dass dem Antragsteller ein Umgang gemäß § 1684 BGB überhaupt nicht zu gewähren war, wird weder von der Antragsgegnerin geltend gemacht, noch ist dies auch nur ansatzweise ersichtlich. Dass der Antragsteller sich auf den ihm allein noch eingeräumten Umgang in der Wohnung der Antragsgegnerin und in deren Anwesenheit einlassen musste und ihm ein weitergehendes Umgangsrecht nicht einzuräumen war, war ebenfalls keineswegs eindeutig. Hiergegen spricht auch die zwischen den Beteiligten getroffene und vom Familiengerich...