Leitsatz (amtlich)

1. Gegen ein im ersten Rechtszug im Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO ergangenes Urteil kann (auch) isoliert wegen der Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens (Verfügungsverfahrens) Berufung eingelegt werden.

2. Dementsprechend ist gegen die im Aufhebungsverfahren getroffene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens keine sofortige Beschwerde nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaft.

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners (vormals Verfügungskläger) gegen das (Schluss-)Urteil des Landgerichts Mannheim vom 6. Oktober 2021, Az. 14 O 107/20 könnte als unzulässig zu verwerfen sein.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25. Februar 2022.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens um die Kosten eines Verfahrens, das auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet war, die erlassen und zuletzt auf Antrag nach § 927 ZPO aufgehobenen worden ist.

Der ursprüngliche Verfügungskläger (Antragsgegner des Aufhebungsverfahrens) erwirkte eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte (Antragstellerin des Aufhebungsverfahrens). Die Verfügungsbeklagte reichte einen Antrag nach § 927 ZPO ein, die einstweilige Verfügung mangels Zustellung und damit Vollziehung aufzuheben. Innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist zur Stellungnahme erkannte der Verfügungskläger den gegen ihn geltend gemachten Aufhebungsanspruch an und erklärte den Verzicht auf die Vollstreckung der Unterlassungsverfügung mit Ausnahme des darin enthaltenen Kostenausspruchs. Das Landgericht hob die einstweilige Verfügung durch Anerkenntnisurteil antragsgemäß auf und erlegte darin die Kosten des Aufhebungsverfahrens unter Hinweis auf § 93 ZPO der Verfügungsbeklagten auf. Letzteres ist Gegenstand einer unter gesondertem Aktenzeichen (6 U 23/21) beim Senat geführten Beschwerde der Verfügungsbeklagten.

Mit - hier angefochtener - weiterer Entscheidung ("(Schluss-)Urteil") hat das Landgericht auf Antrag der Verfügungsbeklagten nach § 321 ZPO sein Anerkenntnisurteil dahin ergänzt, dass es die Kosten des Anordnungsverfahrens dem Verfügungskläger auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Unterlassungsverfügung sei innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht wirksam vollzogen worden und die Unterlassung der Vollziehung beruhe nicht auf einer Veränderung der Umstände (unter Hinweis auf Senat, Beschluss vom 21. August 1995 - 6 W 27/95, juris).

Dagegen wendet sich die beim Landgericht eingelegte Beschwerde des Verfügungsklägers, mit der er ergänzend beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Urteils auszusetzen.

II. Das Rechtsmittel ist nach vorläufiger Würdigung durch den Senat unzulässig.

1. Das durch einen Rechtsanwalt formulierte Rechtsmittel ist schon aufgrund seiner Bezeichnung (in der Rechtsmittelschrift als "Beschwerde", in der Begründung der Streitverkündung mit der Rechtsmittelbegründung als "sofortige Beschwerde") und zudem wegen seiner Einlegung bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. § 569 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO) als sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO auszulegen. Als solche ist es zwar frist- und formgerecht eingelegt, aber nicht statthaft. Da Gegenstand der Beschwerde keine Entscheidung ist, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), fände die sofortige Beschwerde nur statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt wäre (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dies ist nicht der Fall. Namentlich eine - von der Beschwerde vermutlich angenommene - Zulassung einer sofortigen Beschwerde aufgrund der bestimmten Kostenentscheidungen betreffenden Vorschrift in § 99 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben.

a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um eine nachträgliche Ergänzung des Anerkenntnisurteils gemäß § 321 ZPO. Sie ist als solche prozessordnungsgemäß als eigenständiges Urteil ergangen, das zum Ersturteil im gleichen Verhältnis steht wie ein Schlussurteil zu einem nach § 301 ZPO vorangegangenen Teilurteil (vgl. Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 321 Rn. 12 mwN). Das statthafte Rechtsmittel gegen ein solches Urteil ist nach § 511 Abs. 1 ZPO die Berufung.

b) Aus § 99 ZPO folgt für die vorliegende Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens, also des einstweiligen Verfügungsverfahrens, nichts Anderes.

aa) Zunächst ist festzustellen, dass sich auch insoweit keine Besonderheiten aus dem Umstand ergeben, dass die vorliegend angefochtene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens gemäß § 321 ZPO in Ergänzung des Urteils ergangen ist, mit dem über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (insoweit als Anerkenntnisurteil) und die Kosten des Aufhebungsverfahrens erkannt worden war. Der Rechtsweg ist nicht anders zu beurteilen, als wenn bereits im ersten (nachträglich ergänzten) Urteil die hier angefochtene Entscheidung über die Kosten des Anordnungsverfahrens enthalten gewesen wäre. Dies gilt selbst in Fällen, in denen dieser Grund...

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