Leitsatz (amtlich)

Im Fall eines nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB wirksam erklärten Widerrufs eines Darlehensvertrags, mit dem ein Vertrag über die Lieferung einer Ware (hier eines Kraftfahrzeugs) oder die Erbringung einer anderen Leistung im Sinne des § 358 Abs. 2 BGB verbunden ist, kann der Darlehensnehmer die auf Rückzahlung der Darlehensraten gerichtete Klage nach § 29 Abs. 1 ZPO dort erheben, wo sich die Ware vertragsgemäß befindet. Das ist in der Regel der Wohnsitz des Klägers. an seinem Wohnsitz erheben.

 

Tenor

Das Berufungsverfahren wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-232/21 ausgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Wirksamkeit und Rechtsfolgen eines Widerrufs der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

Der im Bezirk des Landgerichts Heidelberg wohnhafte Kläger schloss als Verbraucher mit der Beklagten, einer in S. ansässigen Bank, am 6. August 2018 einen Darlehensvertrag über eine Nettodarlehenssumme von 36.900 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 245,68 EUR. Das Darlehen diente der Finanzierung des Kaufs eines Pkw M. ... Coupé zum Preis von 37.900 EUR, für den der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 1.000 EUR leistete. Das Darlehen war in 48 Raten zu je 410,66 EUR ab September 2018 und einer Schlussrate zu 17.434 EUR im August 2022 zurückzuzahlen. Der Vertrag enthält auf Seite 1 unter der Überschrift "Ausbleibende Zahlungen" folgenden Hinweis:

"(...) Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf Anlage K1 Bezug genommen, wegen der Darlehensbedingungen der Beklagten auf Anlage B1.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2021 (Anlage K2) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages und forderte sie zur Rückzahlung der geleisteten Raten und der Anzahlung nach Herausgabe des Pkw auf. Wörtlich schrieb er unter anderem:

"Ich bin mir bewusst, dass ich im Rahmen der Rückabwicklung verpflichtet bin, den mit dem Darlehen finanzierten PKW herauszugeben. Ich biete Ihnen ausdrücklich an, den PKW Ihnen an Ihrem Hauptsitz oder an einen von Ihnen zu benennenden Vertragspartner zu übergeben."

Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. März 2021 (Anlage K3) forderte der Kläger die Beklagte erneut zur Rückabwicklung des Kaufvertrags auf, wobei er die Herausgabe des Fahrzeugs am Geschäftssitz der Beklagten anbot und seine Pflicht zum Wertersatz dem Grunde nach anerkannte. Die Beklagte ging darauf nicht ein.

Bis zum Zeitpunkt des Widerrufs zahlte der Kläger neben der Anzahlung in Höhe von 1.000 EUR an die Beklagte 29 Darlehensraten zu je 410,66 EUR, demnach insgesamt 11.909,14 EUR. Im Zeitraum Februar bis November 2021 (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) zahlte er unter Vorbehalt weitere 9 Raten zu je 410,66 EUR, demnach insgesamt 3.695,94 EUR. Im Laufe des Berufungsverfahrens löste der Kläger das Darlehen vollständig ab.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug die Auffassung vertreten, die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt des Widerrufs aufgrund einer unrichtigen Widerrufsbelehrung sowie aufgrund nicht ordnungsgemäßer Pflichtangaben, darunter die fehlende Angabe des konkreten Verzugszinses, nicht abgelaufen gewesen.

Der Kläger hat die Klage bei dem Landgericht Heidelberg erhoben. Erstinstanzlich hat er zuletzt - soweit für die Entscheidung über die Aussetzung relevant - folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass die Klagepartei aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 06.08.2018 über 37.145,68 EUR weder die Zahlung der Zinsen i.H.v. 0,22 % p.a. noch die Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 27.01.2021 schuldet.

Sowie hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 1. begründet ist:

2.a. Die Beklagte zu verurteilen, nach Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die Klagepartei 12.909,14 EUR, abzüglich 863,87 EUR Wertverlust, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.b. Die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die Klagepartei 3.695,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte hat, soweit hier von Interesse, unter Rüge der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts die Klageabweisung beantragt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der weitergehenden Anträge wird auf die in dem landgerichtlichen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat, soweit hier von Belang, dem Feststellungsantrag Ziff. 1 stattgegeben, jedoch die Hilfsanträge Ziff. 2.a., 2.b. und 3 abgewiesen. Der Antrag Ziff....

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