Leitsatz (amtlich)
Die Unterbringung des Kindes bei einer Tagesmutter an drei Werktagen in der Woche für jeweils 6 Stunden ist - einschließlich der Eingehung eines darauf gerichteten Betreuungsvertrages - eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Bei der Abwägung, wem das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung übertragen soll, ist als wesentlicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen, bei welchem Elternteil das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat und wer insoweit auch die Betreuung und Erziehung des Kindes übernimmt.
Normenkette
BGB § 1628 Abs. 1 S. 1, § 1687 Abs. 1 Sätze 1-2, § 1697a
Verfahrensgang
AG Pforzheim (Aktenzeichen 5 F 218/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 28.08.2019, erlassen am 30.08.2019, Az. 5 F 218/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
3. Der Beschwerdeverfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die beteiligten Eltern streiten darüber, wem das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes R. J., geboren am ..., übertragen soll.
Am 13.10.2017 haben die Beteiligten eine gemeinsame Sorgerechtserklärung hinsichtlich des Kindes abgegeben. R. hat seinen Lebensmittelpunkt bei der Antragstellerin. Diese ist bei der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen im Studiengang Pflegepädagogik eingeschrieben. Der Antragsgegner hat regelmäßigen Umgang mit R. Der Antragsgegner ist in Vollzeittätigkeit im Schichtdienst beschäftigt bei der Firma P.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie dringend auf eine Kinderbetreuung am Montag, Mittwoch und Donnerstag von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr angewiesen sei. In diesem Zeitraum sei sie an der Hochschule und könne die Betreuung für R. nicht selbst übernehmen. Sie benötige daher eine Zustimmung des Vaters für den Antrag auf Förderung der Kindertagespflege und den Tagespflegevertrag. Die Eingewöhnungsphase an die Tagesmutter solle am 27.08.2019 starten.
Der Antragsgegner hat sich darauf berufen, dass er im Schichtdienst ohnehin alle zwei Wochen am Montag, Mittwoch und Donnerstagvormittag Hause sei. Er könne in dieser Zeit die Betreuung selbst übernehmen. In der anderen Woche könne seine Mutter die Betreuung sicherstellen, die mehrere Kinder großgezogen habe und bei der sich die regelmäßig Kinder aufhielten. Eine Tagesmutter sei für R. nicht geeignet, da dieser sehr introvertiert sei und mit anderen Personen Schwierigkeiten habe. Darüber hinaus sei nicht sicher, ob die Tagesmutter auch ausreichend qualifiziert sei. Der Umgang funktioniere regelmäßig. So habe er R. immer am Donnerstag und am Sonntag.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht Pforzheim die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetreuung des Kindes R. durch eine Tagesmutter der Antragstellerin zur alleinigen Entscheidung übertragen sowie festgestellt, dass die Kindesmutter auch berechtigt ist, alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen alleine zu entscheiden. Nach Auffassung des Amtsgerichts ist der Antrag der Antragstellerin gemäß § 1628 BGB zulässig und begründet. Nach Abwägung aller Aspekte sei die Alleinentscheidungsbefugnis ihr zu übertragen. R. habe seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Diese übernehme die Pflege und Erziehung des Kindes. In der Zeit, in der das Kind nicht zum Umgang beim Vater sei, trage die Mutter auch die Verantwortung für die Betreuung. Sie sei daher auch berechtigt, die Betreuung durch dritte Personen und auch durch eine Tagesmutter sicherzustellen. Die Antragstellerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass die Betreuung durch den Kindesvater oder dessen Mutter übernommen werde. Hierzu sei sie im Hinblick darauf, dass es mit den Großeltern in Erziehungsfragen immer zu unterschiedlichen Auffassungen kommen und die Erziehungsentscheidung der Eltern daher unterlaufen werden könne, nicht verpflichtet. Bei einer Betreuung durch den Vater sei seine Verlässlichkeit nicht sichergestellt. Im Ergebnis sei es ihm vorbehalten, seinen Umgang weiter auszudehnen, so dass gegebenenfalls dann auch die Betreuung durch die Tagesmutter zurückgeschraubt werden könne. Im Hinblick darauf, dass die Tagesmutter durch den Kinderschutzbund organisiert worden sei, spreche auch nichts gegen deren Qualifikation. Darüber hinaus entspreche es dem Kindeswohl, dass R. in einem Alter von nahezu zwei Jahren auch in Kontakt mit anderen Kindern und anderen Personen komme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 31.08.2019 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 05.09.2019, beim Amtsgericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt. In seiner Beschwerdebegründung stellt der Antragsgegner den Widerantrag, die Entscheidungsbefugnis für eine Tagesbetre...