Normenkette
RVG § 2 Abs. 2; RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1; FamFG § 155 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Offenburg (Beschluss vom 31.05.2012; Aktenzeichen 2 F 419/11) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Offenburg vom 31.5.2012 (2 F 419/11) wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 149,94 EUR.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung der Verfahrenskostenhilfegebühren.
Mit Schriftsatz vom 2.12.2011 beantragte der Antragsteller, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder Luca und Lennart zu übertragen.
Der Antragsgegnerin, die dem Antrag mit Schriftsatz vom 14.12.2011 entgegen getreten war, wurde mit Beschluss des Familiengerichts vom 6.2.2012 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. G.-B. als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.
Mit Beschluss des Familiengerichts Offenburg vom 14.3.2012 wurde gem. § 36 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO im schriftlichen Verfahren festgestellt, dass zwischen den Eltern ein verfahrensbeendender Vergleich dahingehend zustande gekommen ist, dass die Kinder bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ihren Lebensmittelpunkt beim Antragsteller haben.
Am 10.2.2012 beantragte der beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin die Festsetzung seiner Vergütung gegenüber der Landeskasse i.H.v. 461,13 EUR, im Einzelnen eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV), eine 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) sowie eine 1,0 Einigungsgebühr (Nr. 1000 RVG-VV) jeweils aus einem Verfahrenswert von 1.500 EUR, die Kommunikationspauschale und Umsatzsteuer.
Mit Beschluss vom 14.3.2012 setzte die Rechtspflegerin die aus der Staatskasse an den Verfahrensbevollmächtigten zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 311,19 EUR fest; die Terminsgebühr wurden abgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15.3.2012 Erinnerung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Terminsgebühr gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV entstanden sei. § 155 Abs. 2 FamFG schreibe in Kindschaftssachen zwingend die Erörterung vor.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung mit Beschluss vom 7.5.2012 nicht abgeholfen und die Akten dem Abteilungsrichter vorgelegt. Mit Beschluss vom 31.5.2012 hat das AG die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen. Auf die Gründe beider Entscheidungen wird verwiesen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat gegen diesen - ihm am 4.6.2012 zugestellten - Beschluss mit am gleichen Tag beim AG eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er beantragt die Festsetzung der Terminsgebühr zzgl. Umsatzsteuer.
Der Bezirksrevisor beim LG Offenburg hat sich schriftlich geäußert. Auf die Ausführungen vom 23.3.2012 wird verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, da das Familiengericht die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage zugelassen hat. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Eine Terminsgebühr ist nicht entstanden.
1. Gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin (Alt. 1) oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts (3. Alt.). Ein Verhandlungs-, Erörterungsoder Beweisaufnahmetermin hat im vorliegenden Fall ebenso wenig stattgefunden wie Vermeidungs- oder Erledigungsgespräche.
2. Nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV entsteht eine Terminsgebühr auch dann, wenn in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Auf die streitige Frage, ob die Terminsgebühr anfällt, wenn von einer in § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschriebenen Erörterung mit den Beteiligten einer in § 155 Abs. 1 FamFG bezeichneten Kindschaftssache abgesehen wird (so OLG Stuttgart FamRZ 2011, 591; ablehnend OLG Celle FamRZ 2012, 245; OLG München FamRZ 2012, 1582; OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.2012 - 6 WF 46/12 - juris), kommt es hier nicht an.
Denn es handelt sich vorliegend um ein einstweiliges Anordnungsverfahren. Entscheidungen im einstweiligen Rechtschutz gem. §§ 49 ff. FamFG können nach der ausdrücklichen Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung ergehen. Auch in Kindschaftssachen ist deshalb ein Erörterungstermin nach § 155 Abs. 2 FamFG vor Erlass einer einstweiligen Anordnung weder zwingend vorgeschrieben noch erfor...