Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die scharfe Äußerung eines Richters "Die Klage ist aus Rechtsgründen unschlüssig und sie wird es auch immer bleiben!" kann eine Ablehnung des Richters ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht rechtfertigen.
2. Der Vorwurf, der Richter habe in der mündlichen Verhandlung einen "kurzen Prozess" ohne Erörterung der Sach- und Rechtslage gemacht, begründet keine Besorgnis der Befangenheit, wenn die Anwältin des Klägers in der Verhandlung darauf verzichtet hat, selbst das Wort zur Begründung der Klageanträge zu ergreifen.
Normenkette
ZPO § 42
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen 10 O 102/18) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 02.05.2019 - C 10 C 102/18 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Zurückweisung eines Antrags auf Ablehnung des Richters wegen Befangenheit.
Der Kläger verlangt im Verfahren vor dem Landgericht Konstanz die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten. Der Beklagte war Zeuge in einem Vorprozess, welchen der Kläger gegen die N. AG geführt hat. In diesem Verfahren ist der Kläger unterlegen. Er ist der Auffassung, der Beklagte habe im Vorprozess falsch ausgesagt. Daraus ergebe sich eine Schadensersatzpflicht des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung. Der Kläger sei so zu stellen, wie wenn er im Vorprozess obsiegt hätte. Denn bei einer wahrheitsgemäßen Aussage des Beklagten wäre im Vorprozess eine Entscheidung zu Gunsten des Klägers ergangen.
Mit Verfügung vom 10.09.2018 hat der Vorsitzende der Zivilkammer des Landgerichts Konstanz, Vorsitzender Richter am Landgericht H., den Kläger darauf hingewiesen, dass Schlüssigkeitsbedenken gegen die Klage bestehen. Denn nach vorläufiger Auffassung des Gerichts sei die Aussage des Beklagten im Vorprozess nicht ursächlich für die damalige Entscheidung gewesen. Der Beklagte ist in der Klageerwiderung der Klage entgegengetreten, und hat dabei - unter anderem - darauf hingewiesen, dass die Klage entsprechend dem gerichtlichen Hinweis vom 10.09.2018 unschlüssig sei. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24.01.2019 hat der Kläger verschiedene rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte ausgeführt, aus denen sich nach seiner Auffassung die Schlüssigkeit der Klage ergeben.
Mit Beschluss vom 21.02.2019 hat die Zivilkammer des Landgerichts Konstanz den Rechtsstreit dem Einzelrichter, Vorsitzender Richter am Landgericht X., gemäß § 348 a Abs. 1 ZPO zur Entscheidung übertragen. Der Einzelrichter hat am 27.02.2019 mündlich verhandelt. Er hat bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen, dass die Klage nach seiner Auffassung weiterhin unschlüssig sei, und Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 05.03.2019 hat der Kläger den Einzelrichter, Vorsitzender Richter am Landgericht X., wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat sich der Kläger auf verschiedene Umstände im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2019 berufen. Der Kläger hat dazu eine eidesstattliche Versicherung seiner Prozessbevollmächtigten vom 05.03.2019 zur Glaubhaftmachung des Sachverhalts vorgelegt. Der abgelehnte Richter hat am 11.03.2019 eine dienstliche Stellungnahme abgegeben. Mit Beschluss vom 02.05.2019 hat die Zivilkammer des Landgerichts, in der Besetzung mit drei Richtern ohne den abgelehnten Richter, das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe dieser Entscheidung Bezug genommen.
Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 02.05.2019 richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er weist auf drei Gesichtspunkte hin, welche das Landgericht in der Entscheidung vom 02.05.2019 unzutreffend oder nicht ausreichend gewürdigt habe. Eine Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass der abgelehnte Richter unmittelbar nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Prozessbevollmächtigten des Klägers gesagt habe: "Die Klage ist aus Rechtsgründen unschlüssig und sie wird es auch immer bleiben!". Zweitens sei eine Gesamtschau der verschiedenen Umstände notwendig. Der abgelehnte Richter sei dem Kläger und seiner Anwältin entnervt und mit herabwürdigendem und provozierendem Tonfall gegenübergetreten. Zudem ergebe sich aus der Verhandlung, dass der abgelehnte Richter einen "kurzen Prozess" ohne Eingehen auf die Besonderheiten des Einzelfalles praktizieren wollte.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 24.06.2019 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt. Der Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien verwie...